Banlieue

Vorstadt Le Quartier de la Fauconnière in Gonesse im Norden von Paris

Der französische Ausdruck Banlieue (Aussprache [bɑ̃ˈljø], anhören, weiblich, französisch, von lateinisch bannum leucae, wörtlich: „Bannmeile“) bezeichnet die verstädterten Bereiche außerhalb eines Stadtzentrums bzw. die Randzone einer Großstadt, die sich im 19. Jahrhundert im Zuge von Industrialisierung wie Urbanisierung (Stadtrandwanderung von Industriebetrieben und industrieabhängiger Bevölkerung) herausbildeten bzw. herausbildete. Verwendet wird der Begriff primär in Frankreich bzw. für das französische Städtesystem. Gleichermaßen wird „Banlieue“ als Synonym für die einzelne Vorstadt bzw. für die Vorstädte (banlieues) innerhalb dieser Randzone gebraucht[1].

Seit den 1950er-Jahren ließ der französische Staat Großwohnsiedlungen (Hochhaussiedlungen; cités) in den Banlieues der größeren Städte Frankreichs – Paris, Lyon, Marseille usw. – errichten, in denen die (zumeist geringqualifizierten) Industriearbeiter für die damalige Zeit komfortablen Wohnraum fanden. Es sollte der massiven Wohnungsnot in den städtischen Räumen abgeholfen werden. Sie war entstanden durch eine stark überalterte und marode Bausubstanz in den Kernstädten und Kriegsschäden. Außerdem wanderten in den „Trente Glorieuses“ (dem Wirtschaftsaufschwung der dreißig „goldenen“ Nachkriegsjahre von ca. 1946 bis zur Ölkrise 1973/1974) einheimische Landbevölkerung und Einwanderer aus französischen Besitzungen in Übersee sowie dem europäischen Ausland in die industriellen Ballungsräume des Landes, vor allem nach Paris. Dann wirkte sich auch ein starkes Ansteigen der französischen Geburtenrate nach 1945 aus.

Der seit Mitte der 1970er-Jahre einsetzende Prozess der Deindustrialisierung, der eine massenhafte Freisetzung von Arbeitskräften im sekundären Sektor zur Folge hatte, führte nachfolgend zu einer Verarmung der in den cités konzentrierten proletarischen Haushalte. Die cités entwickelten sich von „Zentren der Moderne“ zu „Orten des sozialen Abstiegs“ und sind bis heute geprägt durch einen hohen Anteil an Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern, darunter sind überproportional viele arabische und afrikanische Einwanderer[2][3] – teils mit, teils ohne französischen Pass. Mitunter sind diese Gebiete auch soziale Brennpunkte mit Problemen wie Kriminalität und Drogenkonsum.

Seit den 1980er-Jahren ist es in den cités wiederholt zu (Jugend-)Unruhen gekommen, die im Jahr 2005 einen vorläufigen Höhepunkt erreichten.

  1. Georg Glasze, Mélina Germes u. Florian Weber: Krise der Vorstädte oder Krise der Gesellschaft? In: Geographie und Schule 2009, Nr. 117, S. 17.
  2. Heike Klovert: Frankreich: Jugendliche in den Banlieues – Wo Polizisten scheitern. In: Der Spiegel. 11. November 2017, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
  3. Johannes Ehrmann: Lass gehen. In: Fluter. 17. März 2017, abgerufen am 25. Dezember 2022.

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