Duplodnaviria

Duplodnaviria

Illustrierte Beispiele von Virusteilchen der Duplodnaviria.
Von links nach rechts: Caudoviricetes-Morphotypen (Sipho-, Myo- und Podoviren), sowie Herpesvirales. Kapsid blau, Vertex/Schwanz purpur.

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Duplodnaviria[1][2]
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch
Wissenschaftlicher Name
Duplodnaviria
Links

Duplodnaviria ist ein Realm von Viren, der alle doppelsträngigen DNA-Viren umfasst, die für das Hauptkapsidprotein (englisch major capsid protein, MCP) mit der Bezeichnung HK97 (HK97-MCP) kodieren.[3] Frühere Bezeichnung für diese Gruppe waren HK97-like group, HK97 major capsid protein supermodule oder HK97-HP nach Escherichia-Phage HK97 (offiziell Byrnievirus HK97) und ihrem Entdecker Humán Prak (2000).[4][3]

Die Mitglieder dieses Realm haben auch eine Reihe anderer Proteine gemeinsam, die an der Struktur und dem Aufbau des viralen Kapsids mit ikosaedrischer Form beteiligt sind. Außer dem Kapsid mit HK97-MCP selbst, sind das die Portalproteine. Sie bilden die Öffnung des Kapsids, durch das die DNA (beim Zusammenbau der Virusteilchen) ein- und (bei der Infektion der Wirtszelle) austritt. Eine Kapsidreifungsprotease (englisch capsid maturation protease) leert das Innere des Kapsids, bevor virale DNA in die Wirtszelle injiziert wird, und ein Terminase-Enzym fügt die virale DNA beim Zusammenbau in das Kapsid ein, um vollständige Viruspartikel (Virionen), zusammenzusetzen.[3][5]

Im Realm Duplodnaviria gibt es nur ein Subtaxon, das Reich Heunggongvirae. Dieses hat zwei Phyla, die jeweils aus nur einer Klasse bestehen (Stand Juli 2022). Die Klasse Herviviricetes ist monotypisch in der Ordnung Herpesvirales (Herpesviren im weiteren Sinn, die nur Eukaryoten infizieren). Die Klasse Caudoviricetes (Viren mit Kopf-Schwanz-Struktur, die nur ProkaryotenBakterien und Archaeen – infizieren, sog. Phagen) bestand ursprünglich auch nur aus einer Ordnung (Caudovirales). Diese wurde aber März/April 2022 durch mehrere kleinere Ordnungen (Crassvirales, Kirjokansivirales, Methanobavirales und Thumleimavirales) ersetzt, der Großteil der Caudoviricetes verblieb zunächst ohne Ordnungszuweisung. Im Ergebnis bedeutet diese Veränderung, dass die ursprüngliche Ordnung Caudovirales zur im Rang Klasse Caudoviricetes hochgestuft wurde, um der genomischen Diversität dieser Viren zu entsprechen.[3][6]

Caudoviricetes sind weltweit allgegenwärtig und sehr vielfältig, weshalb ihre Vertreter möglicherweise zu den ältesten Viren überhaupt gehören. Wahrscheinlich stammen die Herpesviren entweder von einem gemeinsamen Vorfahren mit den Caudoviricetes ab, wenn dieser in seiner Evolution eine Abstammungslinie (Klade) hervorgebracht hat, die Eukaryoten infizieren konnte; oder sie stammen ab von einem divergierenden Zweig innerhalb der Caudoviricetes.[7]

Die verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Schwanzviren Caudoviricetes und den Herpesviren ist seit langem bekannt. Das International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) hat diesen Sachverhalt 2019 mit der Anerkennung des Realm Duplodnaviria Rechnung getragen. Der erste Teil des Namens (duplo) kommt aus dem Lateinischen und bedeutet doppel; der mittlere Teil (dna) bezieht sich auf die Desoxyribonukleinsäure (DNA), da alle Mitglieder des Realm doppelsträngige DNA-Viren (dsDNA) sind; und der letzte Teil (viria) ist das Suffix für Realm.[3] Als dsDNA-Viren gehören die Mitglieder dieses Realm alle zur Baltimore-Gruppe I (dsDNA-Viren).

Die Baltimore-Klassifikation basiert auf der Art und Weise der Erzeugung der viralen Messenger-RNA (mRNA) und häufig zusammen mit der Standard-Virustaxonomie verwendet wird, die auf der Evolutionsgeschichte und damit Verwandtschaftsbeziehungen basiert. In der Virustaxonomie sind Realm die höchste Ebene (Rangstufe), und Duplodnaviria ist einer von derzeit (Stand Juli 2022) fünf solcher Realms; die anderen sind Monodnaviria, Varidnaviria (beide beinhalten auch DNA-Viren) sowie die der große Realm Riboviria (Realm mit RNA-Viren einschließlich revers transkribierender Viren wie die Retroviren) und der sehr kleine Ribozyviria um das Hepatitis-D-Virus.[6] Etliche Virentaxa sind jedoch bisher noch keinem Realm zugeordnet.

  1. ICTV: ICTV Taxonomy history: Human alphaherpesvirus 1, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. ICRV: ICTV Master Species List 2020.v1, New MSL including all taxa updates since the 2019 release, March 2021 (MSL #36)
  3. a b c d e Eugene V. Koonin, V. V. Dolja, Mart Krupovic, Arvind Varsani, Yuri I. Wolf, Natalya Yutin, M. Zerbini, Jens H. Kuhn: Create a megataxonomic framework, filling all principal/primary taxonomic ranks, for dsDNA viruses encoding HK97-type major capsid proteins. (zip:docx) In: International Committee on Taxonomy of Viruses. 18. Oktober 2019; (englisch).
  4. M. M. Suhanovsky, C. M. Teschke: Nature's favorite building block: Deciphering folding and capsid assembly of proteins with the HK97-fold. In: Virology. 479–480. Jahrgang, Mai 2015, S. 479–480, doi:10.1016/j.virol.2015.02.055, PMID 25864106, PMC 4424165 (freier Volltext) – (englisch).
  5. R. I. Duda, B. Oh, R. W. Hendrix: Functional domains of the HK97 capsid maturation protease and the mechanisms of protein encapsidation. In: J Mol Biol. 425. Jahrgang, Nr. 15, 9. August 2013, S. 2765–2781, doi:10.1016/j.jmb.2013.05.002, PMID 23688818, PMC 3709472 (freier Volltext). Vorlage:Cite journal: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  6. a b Virus Taxonomy: 2019 Release. In: talk.ictvonline.org. International Committee on Taxonomy of Viruses; Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  7. J. S. Andrade-Martínez, J. L. Moreno-Gallego, A. Reyes: Defining a Core Genome for the Herpesvirales and Exploring their Evolutionary Relationship with the Caudovirales. In: Sci Rep. 9. Jahrgang, Nr. 1, August 2019, S. 11342, doi:10.1038/s41598-019-47742-z, PMID 31383901, PMC 6683198 (freier Volltext), bibcode:2019NatSR...911342A (nature.com [PDF]). Vorlage:Cite journal: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.

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