Singapur-Strategie

Das britische Empire im Jahr 1938 mit wichtigen Flottenbasen der Royal Navy, sowie das Japanische Kaiserreich.

Die Singapur-Strategie war eine vom britischen Empire zwischen 1919 und 1941 verfolgte Strategie. Sie bestand aus einer Reihe strategischer Planungen, die über einen Zeitraum von zwanzig Jahren entwickelt wurden und das Ziel verfolgten, das Japanische Kaiserreich durch die Verlegung einer Flotte der Royal Navy in den Fernen Osten von einem Angriff auf das Empire abzuhalten oder einen solchen Angriff zurückschlagen zu können. Idealerweise sollte diese Flotte in der Lage sein, eine auf Australien oder Britisch-Indien vorrückende japanische Streitmacht abzufangen und zu schlagen. Um die Strategie wirksam umsetzen zu können, wurde ein gut ausgerüsteter Marinestützpunkt, eine Art „Gibraltar des Ostens“ benötigt, als dessen Position die Planer 1919 Singapur auswählten. Singapur lag strategisch günstig an der Straße von Malakka und kontrollierte damit den Übergang zwischen dem Südchinesischen Meer und dem Golf von Bengalen und somit letztlich den östlichen Zugang über See zu Britisch-Indien, der größten und wichtigsten Besitzung des britischen Empire. Der Ausbau der Marinebasis und ihrer Verteidigungsanlagen zog sich über die nächsten zwei Jahrzehnte hin.

Die Planer sahen für einen Krieg gegen Japan drei Phasen vor: Während die Garnisonskräfte die Festung Singapur verteidigten, würden starke Flottenverbände aus britischen Gewässern sich Richtung Singapur bewegen und von dort aus zum Entsatz oder zur Rückeroberung der Kronkolonie Hongkong aufbrechen. Anschließend würden sie eine Seeblockade gegen die japanischen Hauptinseln errichten, um die japanische Regierung zur Annahme britischer Friedensbedingungen zu zwingen. Die Idee einer amphibischen Invasion Japans wurde als undurchführbar verworfen. Die Marineplaner rechneten vielmehr damit, dass die japanische Marine keine Entscheidungsschlacht gegen einen überlegenen Flottenverband suchen würde, und hielten aufgrund ihrer eigenen Erfahrung als Inselnation die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Blockade für ausreichend, um den erforderlichen Druck auf Japan auszuüben.

Die Singapur-Strategie bildete in den 1920er und 1930er Jahren den Eckpfeiler der britischen Verteidigungsstrategie für den Fernen Osten, wobei die strategische Planung zunehmend den Charakter eines Dogmas annahm.[1] Eine Kombination finanzieller, politischer und praktischer Probleme bewirkte jedoch, dass die Strategie praktisch nicht umsetzbar war. Sie geriet in den 1930er Jahren innerhalb des Empire zunehmend in die Kritik, besonders in Australien, wo sie als Vorwand für niedrige Verteidigungsausgaben diente. Im Zweiten Weltkrieg führte die Singapur-Strategie schließlich zur Entsendung der Force Z nach Singapur. Die Versenkung der HMS Prince of Wales und der HMS Repulse durch japanische Marineflieger am 10. Dezember 1941 und die sich anschließende, als schmachvoll empfundene Kapitulation Singapurs beschrieb Winston Churchill als „das schlimmste Desaster und die größte Kapitulation der britischen Geschichte“.[2]

  1. W. David McIntyre: The Rise and Fall of the Singapore Naval Base, 1919–1942. 1979, S. 214.
  2. Winston Churchill: The Hinge of Fate. 1950, S. 81.

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