Universalgrammatik

Die Universalgrammatik (UG) ist eine in manchen Theorien der Linguistik zugrundegelegte Annahme, wonach alle (menschlichen) Sprachen gemeinsamen grammatischen Prinzipien folgen und diese Prinzipien allen Menschen angeboren seien. Noam Chomsky ist einer der Begründer und berühmtesten Vertreter dieser Version einer Universalgrammatik. Die Bezeichnung Universalgrammatik ist daher ein feststehender Begriff in der Schule der generativen Grammatik und wird in anderen Traditionslinien, die sich mit Sprachuniversalien beschäftigen, etwa der Sprachtypologie, eher nicht verwendet.

Im Rahmen der generativen Grammatik ging man lange Zeit davon aus, dass die Universalgrammatik lediglich aus einer Reihe von Regeln bestehe, die es Kindern ermöglichten, während des Spracherwerbs anhand des ihnen zur Verfügung stehenden sprachlichen Inputs Hypothesen über mögliche zugrunde liegende Grammatiken zu entwerfen und diese zu evaluieren (siehe auch Language Acquisition Device). Diese Sichtweise wurde aber im Zuge der Entwicklung der sogenannten Prinzipien-und-Parameter-Theorie[1] aufgegeben; deren Grundannahme ist im Wesentlichen, dass allen natürlichen Sprachen dasselbe grammatische System zugrunde liege. Im Spracherwerb müssen so nicht mehr die in einer Sprache enthaltenen grammatischen Prinzipien selbst erlernt werden (denn die sind immer gleich und das Wissen darüber ist angeboren), sondern es muss nur noch die Ausprägung bestimmter sprachlicher Parameter (z. B. Head-first versus Head-last) erkannt werden. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, dass sprachliche Variation komplett auf das Lexikon beschränkt sei – grammatische Parameter betreffen also nur die Eigenschaften funktionaler lexikalischer Elemente, und Spracherwerb insgesamt kann auf Lexikonerwerb reduziert werden.[2] Chomsky spricht nun auch davon, dass der Kern der menschlichen Sprachfähigkeit nur die Rekursivität enthalte, da dies die einzige (mit Sprache verbundene) Fähigkeit sei, die nur der Mensch besitze (Sprachfähigkeit im engeren Sinne). Die Sprachfähigkeit im weiteren Sinne umfasst dann z. B. das sensorisch-motorische System, das unter anderem den Sprechapparat umfasst.[3]

Von grundlegender Bedeutung ist die Universalgrammatik in der Optimalitätstheorie. Alle dort postulierten Beschränkungen sind als Teil der Universalgrammatik zu betrachten. Sprachliche Unterschiede ergeben sich per Annahme aus der Gewichtung der einzelnen Beschränkungen.

Die Neuropsychologin Angela Friederici hat 2018 erste empirische Hinweise für das Vorhandensein eines Organs vorgelegt, das für die Universalgrammatik zuständig ist. Dabei handle es sich um ein Faserbündel im Gehirn zwischen dem Broca-Areal und dem Wernicke-Areal.[4]

  1. Noam Chomsky: Lectures on Government and Binding. Foris, Dordrecht u. a. 1981.
  2. Noam Chomsky: The Minimalist Program. MIT Press, Cambridge MA u. a. 1995.
  3. Marc D. Hauser, Noam Chomsky, W. Tecumseh Fitch: The Faculty of Language: What Is It, Who Has It, and How Did It Evolve? In: Science. Band 298, Nr. 5598, 2002, S. 1569–1579, (Digitalisat (PDF-Datei; 706 kB) (Memento vom 2. Januar 2016 im Internet Archive)).
  4. Stefanie Kara: Universalgrammatik: "Ich denke, dass er denkt, dass ..." In: Zeit online. 25. April 2018 (zeit.de [abgerufen am 2. Mai 2018]).

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