Asteroid (208) Lacrimosa | |
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Berechnetes 3D-Modell von (208) Lacrimosa | |
Eigenschaften des Orbits Animation | |
Orbittyp | Äußerer Hauptgürtel |
Große Halbachse | 2,892 AE |
Exzentrizität | 0,011 |
Perihel – Aphel | 2,860 AE – 2,924 AE |
Neigung der Bahnebene | 1,7° |
Länge des aufsteigenden Knotens | 4,2° |
Argument der Periapsis | 129,3° |
Zeitpunkt des Periheldurchgangs | 4. November 2023 |
Siderische Umlaufperiode | 4 a 335 d |
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit | 17,52 km/s |
Physikalische Eigenschaften | |
Mittlerer Durchmesser | 40,1 ± 0,6 km |
Albedo | 0,21 |
Rotationsperiode | 14 h 5 min |
Absolute Helligkeit | 9,3 mag |
Spektralklasse (nach Tholen) |
S |
Spektralklasse (nach SMASSII) |
Sk |
Geschichte | |
Entdecker | Johann Palisa |
Datum der Entdeckung | 21. Oktober 1879 |
Andere Bezeichnung | 1879 UB |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten. |
(208) Lacrimosa ist ein Asteroid des äußeren Hauptgürtels, der am 21. Oktober 1879 vom österreichischen Astronomen Johann Palisa an der Marine-Sternwarte Pola entdeckt wurde.
Der Name bedeutet tränenreich, kläglich. Sehr wahrscheinlich soll dieser Name den Kummer über die Schwierigkeiten widerspiegeln, die mit einer Wiederauffindung dieses Asteroiden verbunden waren. Lacrimosa konnte von Palisa nur viermal beobachtet werden (Astronomischer Kalender für 1883, S. 108). Die Benennung erfolgte 1882 durch Leopold Schulhof, Astronom in Paris, auf Wunsch des Entdeckers.
(208) Lacrimosa ist das größte Mitglied der Koronis-Familie, einer Gruppe von Asteroiden, die durch Absplitterungen von (158) Koronis entstanden.
Am 16. März 1975 wurde der Asteroid mit einem 1,3-m-Teleskop am Kitt-Peak-Nationalobservatorium erstmals radiometrisch im Infraroten beobachtet. Aus der gemessenen Helligkeit wurde ein Durchmesser von 41 bis 42 km und eine Albedo von 0,13 abgeschätzt.[1][2] Aus Ergebnissen der IRAS Minor Planet Survey (IMPS) wurden 1992 Angaben zu Durchmesser und Albedo für zahlreiche Asteroiden abgeleitet, darunter auch (208) Lacrimosa, für die damals Werte von 41,3 km bzw. 0,27 erhalten wurden.[3] Eine Auswertung von Beobachtungen durch das Projekt NEOWISE im nahen Infrarot führte 2011 zu vorläufigen Werten für den Durchmesser und die Albedo im sichtbaren Bereich von 45,0 km bzw. 0,17.[4] Nach neuen Messungen wurden die Werte 2014 auf 40,1 bis 40,9 km bzw. 0,20 bis 0,21 geändert.[5]
Eine Anwendung thermophysikalischer Modelle auf Beobachtungen des Asteroiden mit WISE vom 10. Februar und 8. August 2010 ergab in einer Untersuchung von 2018 Werte für den Durchmesser und die Albedo von 40,4 km und 0,24. Außerdem konnten die Achsenverhältnisse für ein zweiachsig-ellipsoidisches Gestaltmodell und eine prograde Rotation bestimmt werden.[6] Aus der Beobachtung von Sternbedeckungen durch den Asteroiden konnte in einer Untersuchung von 2020 für (208) Lacrimosa ein Durchmesser von 44,5 ± 0,5 km bestimmt werden.[7]
Photometrische Messungen von (208) Lacrimosa wurden vom 15. bis 18. Februar 1985 mit einem 0,91-m-Teleskop am McDonald-Observatorium in Texas durchgeführt. Aus der gemessenen Lichtkurve konnte keine eindeutige Rotationsperiode bestimmt werden, aber neben einem möglichen Wert von 20,3 h erschien ein Wert von 13,5 h am stimmigsten.[8] Weitere Beobachtungen im Februar 1989 und März 1990 am McDonald-Observatorium und von Oktober 1992 bis Januar 1994 am Wallace Astrophysical Observatory in Massachusetts ermöglichten es, die Unsicherheit aufzulösen und führten zu einem neuen Wert für die Rotationsperiode von 14,085 h.[9]
Aus Beobachtungen der Jahre 1985 bis 1994 konnte in der Ukraine für (208) Lacrimosa eine Rotationsperiode von 14,077 h abgeleitet werden. Es wurde auch eine Position für die Rotationsachse mit retrograder Rotation sowie die Achsenverhältnisse eines dreiachsig-ellipsoidischen Gestaltmodells für den Asteroiden bestimmt.[10] Aus den früheren Beobachtungen konnten auch durch Slivan et al. in einer Untersuchung von 2003 für den Asteroiden zwei alternative Lösungen für die Position der Rotationsachse mit jeweils retrograder Rotation abgeleitet werden, für die Rotationsperiode wurde ebenfalls ein Wert von 14,0769 h angenommen. Außerdem wurden die Achsenverhältnisse für eine dreiachsig-ellipsoidische Form berechnet und ein Gestaltmodell erstellt.[11] Aus der Auswertung von Beobachtungsdaten einer Bedeckung des Sterns BD+19 2143 (SAO 98314, TYC 1397-1764-1, Helligkeit 8,9 mag) durch (208) Lacrimosa am 31. Dezember 2003[12] für etwa 4,6 s konnte keine der beiden zuvor durch Slivan et al. bestimmten Rotationsachsen eindeutig ausgeschlossen werden. Die bevorzugte Lösung führte zu einem Gestaltmodell mit einem effektiven Durchmesser von 45 ± 10 km.[13]
Eine erneute photometrische Beobachtung des Asteroiden erfolgte vom 14. bis 16. Januar 2014 am Center for Solar System Studies (CS3) in Kalifornien. Aus der Lichtkurve wurde hier eine Rotationsperiode von 14,054 h abgeleitet.[14]
Mit einer Auswertung photometrischer Daten des Lowell-Observatoriums und des Gaia DR2-Katalogs konnten im Jahr 2019 aus allen verfügbaren Lichtkurven und Messdaten zwei neue alternative Lösungen für die Position der Rotationsachse des Asteroiden bestimmt werden. Das neue Modell weist allerdings eine prograde Rotation im Gegensatz zu den früheren Ergebnissen auf. Die Ursache lag in einer leicht falschen Periode der zuvor veröffentlichten Lösung. Die Rotationsperiode wurde jetzt durch die Methode der konvexen Inversion zu 14,08574 h bestimmt.[15] Zur Bestätigung des Ergebnisses wurde die Berechnung 2021 mit allen zu dieser Zeit verfügbaren Daten wiederholt. Es wurden zu den bereits früher verwendeten Daten auch solche von ASAS-SN (All-Sky Automated Survey for Supernovae), ATLAS (Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System), United States Naval Observatory (USNO) und Observatorien der Catalina Sky Survey sowie von neuen photometrischen Beobachtungen des Asteroiden im März und Juni 2020 durch die beiden TRAPPIST-Teleskope in Chile und Marokko berücksichtigt. Es konnten daraus wieder zwei Gestaltmodelle mit einem mittleren Durchmesser von 44 ± 2 km für zwei alternative Positionen der Rotationsachse berechnet werden, wobei die Rotationsperiode sehr genau zu 14,08573 h bestimmt werden konnte. Ein Vergleich mit der bereits erwähnten Sternbedeckung 2003 sowie einer weiteren am 20. Oktober 2016 ermöglichte es zwar, eine der beiden Alternativen zu bevorzugen. Für eine sichere Entscheidung wurden aber weitere Beobachtungen als notwendig erachtet.[16]