Die actio libera in causa (Abkürzung a.l.i.c., lat. für wörtlich „in der Ursache freie Handlung“) ist ein durch Wissenschaft und Rechtsprechung geschaffenes Rechtsinstitut, das im Rahmen der strafrechtlichen Schuldzuweisung Anwendung findet.
Ist der Täter bei Begehung der Tat unfähig, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, kann er grundsätzlich nicht bestraft werden, weil er in diesem Zustand gemäß § 20 StGB nicht schuldhaft handelt. Die rechtswidrige Verwirklichung eines Straftatbestandes im Zustand der Schuldunfähigkeit soll nach den Regeln über die a. l. i. c. aber dann zur Strafbarkeit führen, wenn der Täter bereits in schuldfähigem Zustand eine Ursache für sein späteres Tun gesetzt hat und daher für die Tat verantwortlich ist. Häufigster Anwendungsfall ist das vorsätzliche Sichbetrinken des Täters, um im Zustand des Vollrausches die geplante Straftat zu begehen, weil er glaubt, sich so der Strafbarkeit wegen Schuldunfähigkeit entziehen zu können. Fachsprachlich resultiert die Strafbarkeit dabei aus der teleologischen Reduktion des Handlungsbegriffs des § 8 StGB (Vorverlegung des Handlungszeitpunkts).
Die zugrundeliegenden Formen sind actiones vel omissiones liberae in causa sive ad libertatem relatae – Handlungen oder Unterlassungen, deren Ursache frei gesetzt wurde oder die auf Freiheit zurückgeführt werden können – beziehungsweise auch[1] actio libera in causa, sed non libera in actu – Handlungen, bei deren Verursachung (in causa) der Täter noch freiverantwortlich handelte, nicht mehr aber bei der (späteren) Ausführung selbst (in actu).
Umstritten und lediglich mit Augenmaß anwendbar ist die Rechtskonstruktion der a. l. i. c., weil mit ihr der Schuldvorwurf kraft einer bloßen Fiktion vorverlagert wird. Diese Vorverlagerung kollidiert mit dem geschützten Grundsatz nulla poena sine lege.