Arisierung (abgeleitet von „Arier“) oder Entjudung nannten die Nationalsozialisten die Verdrängung von Juden und „jüdischen Mischlingen“ aus Handel, Gewerbe, Wohnungen, Häusern und Wissenschaft im Sinne der Nürnberger Gesetze. Sie fand von 1933 bis 1945 im Deutschen Reich sowie angeschlossenen und besetzten Ländern statt und wird heute in der Regel als „Raub“ eingeordnet. Meist wurde sie zwar formell als ordnungsgemäßer „Verkauf“ inszeniert, dieser geschah jedoch unter erheblichen faktischen und/oder behördlichen Zwängen, sodass Verkäufer nur selten einen angemessenen Preis erzielen konnten. Dadurch erzielten einzelne Personen erhebliche Vermögenszuwächse; für die betroffenen Juden bedeutete es meist den Verlust großer Vermögensteile und ihrer beruflichen Existenz. Die Leiter der Landessippenämter sowie insbesondere protestantische Pastoren und die Evangelisch-lutherische Kirche spielten bei der Vorbereitung eine wesentliche Rolle, denn sie waren u. a. verantwortlich für Ariernachweise, Familien- und bäuerliche Höfe-Forschung, Wanderungsbewegungen sowie biographische und lokale Kulturforschung. In diesen Funktionen waren sie als Schreibtischtäter wesentlich beteiligt und verantwortlich für die NS-Propaganda im Allgemeinen und die Durchsetzung der NS-Rassenpolitik im Besonderen.
Von den oft unter Zwang erfolgten Verkäufen zu unterscheiden sind die Konfiszierung jüdischen Eigentums zugunsten des Staates, die teilweise parallel erfolgte, und die „freiwilligen“ Notverkäufe der Betroffenen, um den Zwangsmaßnahmen zuvorzukommen, oft auch in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Finanzierung einer Emigration (siehe auch Reichsfluchtsteuer).
Arisierung und Konfiszierung waren Teil der Judenverfolgung im Deutschen Reich. Ein Teil der im Deutschen Reich als Juden Verfolgten emigrierte ins Ausland; bei einem anderen Teil misslang die Flucht aufgrund bürokratischer Hürden (z. B. steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung) des NS-Regimes oder aufgrund von Problemen bei der Ausstellung von Einreise-Visa.[1] Andere entschieden sich gegen eine Flucht oder hatten nicht die finanziellen Mittel dazu. Die meisten Nicht-Emigrierten sowie jene, die im Zuge der Expansion des NS-Regimes wieder unter deutsche Herrschaft gekommen waren, wurden ab Oktober 1941 in Vernichtungslager im Osten deportiert und dort ermordet.
Außerdem wurde und wird der Begriff verwendet, um die Vertreibung oder Vernichtung jüdischer Kulturschaffender und Wissenschaftler zu benennen. Attraktive bzw. begehrte Positionen (z. B. Stellen als Professoren an Universitäten oder Dirigenten) wurden mit Nichtjuden besetzt, nachdem der vorherige jüdische Stelleninhaber die Position nicht mehr innehatte (Kündigung, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand oder anderes). Die Arisierung der Forschung beinhaltete unter anderem die Enteignung bestehender Patente. Die Autorenschaft jüdischer Autoren wurde auf arische Personen übertragen, oft auch im Zuge des Besitzwechsels an Buchverlagen.[2]
Ab 1933 wurden diskriminierende Gesetze und Verordnungen erlassen, um die „Entjudung“ des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland juristisch zu untermauern.