Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR

Der Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR wurde am 25. Februar 1927 erlassen und mehrere Male revidiert. Trotz dieser Bezeichnung galt er für die gesamte Sowjetunion. Nach der Ermordung Sergej Kirows (1886–1934) wurde er verschärft und blieb bis 1959 in Kraft.[1] Auf der Basis des Artikels sollten Personen für konterrevolutionäre Aktivitäten bestraft werden. Die auf Grundlage dessen Verurteilten, „Politische“ und „Konterrevolutionäre“, wurden meistens nach dem Artikel als „58er“ bezeichnet.[2] Im Jargon des Gulag wurde der Strafparagraph kurz der „58er“ genannt.

Bereits Lenin hatte den Paragraphen 58 im Mai 1922 für ein Strafgesetzbuch der Russischen Sowjetrepublik entworfen.[3] Der Paragraph definierte, wer als Klassenfeind beziehungsweise als Volksfeind galt. Diese wurden unterteilt in Verräter und Saboteure. Artikel 58 war ein sogenannter Gummiparagraph, seine einzelnen Bestimmungen waren weit auslegbar. Nach Stellungnahme des Sowjetischen Innenministeriums wurden nach diesem Artikel nur bis Februar 1954, also nur bis zum Ende der Stalinära, insgesamt 3.777.380 Menschen verurteilt, davon 642.980 zum Tode, der Rest bis zu 25 Jahren Arbeitslagerhaft.[4] Die Umstände der Verurteilung und der Verlauf der Haft eines nach diesem Artikel Verurteilten unterschieden sich erheblich von denen der restlichen Verurteilten und sind ausführlich in dem mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichneten Buch „Der Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn beschrieben, der 8 Jahre Haft mit anschließender Verbannung nach diesem Artikel verbüßt hat.

  1. Ralf Stettner: Das Sowjetrecht der Stalinzeit: Rekrutierungsinstrument für den GULag. In: „Archipel GULag“. Stalins Zwangslager – Terrorinstrument und Wirtschaftsgigant. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1996, ISBN 3-506-78754-3, S. 99.
  2. Ralf Stettner: Die politischen Gefangenen: „Politische“, „Konterrevotionäre“ und „58er“. In: „Archipel GULag“. Stalins Zwangslager – Terrorinstrument und Wirtschaftsgigant. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1996, ISBN 3-506-78754-3, S. 182–184.
  3. Vor 100 Jahren: Beschluss des „Roten Terrors“. Information der Bundeszentrale für politische Bildung vom 4. September 2018.
  4. Письмо Генерального прокурора СССР Р. А. Руденко, Министра внутренних дел СССР С. Н. Круглова и Министра юстиции СССР К. П. Горшенина 1-му секретарю ЦК КПСС Н. С. Хрущёву о пересмотре дел на осуждённых за контрреволюционные преступления. www.alexanderyakovlev.org, abgerufen am 24. November 2019. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.

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