Atonale Musik bezeichnet allgemein eine durch sogenannte Atonalität charakterisierte Musik, die auf der chromatischen Tonleiter gründet, deren Harmonik und Melodik nicht auf ein tonales Zentrum bzw. einen Grundton fixiert ist – im Gegensatz zur (Dur-Moll-)Tonalität oder Modalität. Der Begriff wurde anfänglich in polemischer Absicht von der konservativen Musikkritik auf die Kompositionen der Wiener Schule, insbesondere auf Arnold Schönbergs Drei Klavierstücke op. 11 (1909), angewandt und war ursprünglich mehr ein Schlagwort als ein musiktheoretischer Terminus. Sowohl Schönberg[1] als auch Alban Berg lehnten diesen Begriff ab, weil sie ihn im Sinne von „ohne Töne“ (statt „ohne Tonart“) verstanden[2] (u. a. in dem Radiodialog Was ist atonal?[3] von 1930).
Rückblickend betrachtet stellt der Paradigmenwechsel Tonalität/Atonalität um die Jahrhundertwende weniger eine „Revolution“ als vielmehr eine „Evolution“ dar, deren Grenzen durch den Zusatz „freie“ (Tonalität/Atonalität) auch in der (musik-)wissenschaftlichen Terminologie zunehmend verwischt werden. Obwohl sich bereits in Werken des 16. Jahrhunderts, insbesondere im „manieristischen“ italienischen Madrigal, stark chromatische Passagen finden, die in der Spätromantik wieder aufgegriffen wurden, kann von Atonalität erst ab dem frühen 20. Jahrhundert die Rede sein. Die frühe Atonalität der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt sich in eine Phase der sogenannten freien Atonalität und ab 1923 in eine Phase der zwölftonigen, später auch seriellen Atonalität gliedern.
Die Preisgabe der Tonalität ist, abgesehen von einigen Gegenbewegungen, eine der wenigen Konstanten der Neuen Musik und verbindendes Element verschiedener Stilrichtungen der Moderne, wie etwa Aleatorik, Mikrotonalität oder Mikropolyphonie. Damit hat die Atonalität zwar einerseits zur zunehmenden Komplexität (aus der Sicht ihrer Befürworter) oder zur zunehmenden Beliebigkeit (aus der Sicht ihrer Gegner) der zeitgenössischen Musik und dem damit verbundenen „Bruch mit dem Publikum“ beigetragen, andererseits verbietet sich aufgrund ihrer vielfältigen Erscheinungsformen ein ästhetisches Pauschalurteil (sei es positiv oder negativ).