Ausgangssperre

Der Begriff Ausgangssperre bezeichnet das politisch, militärisch oder polizeilich für eine unbestimmte Vielzahl von Personen angeordnete Verbot, öffentliches Gelände wie Straßen oder Plätze zu betreten (Betretungsverbot) beziehungsweise das Haus, die Wohnung oder die Kaserne zu verlassen und zu bestimmten Zeiten auszugehen (Ausgehverbot).[1] Es stellt eine Beschränkung der Freiheit der Person dar. Für unterschiedlich definierte Schlüsselpersonen (mit systemrelevanten bzw. systemkritischen Berufen) gibt es regelmäßig Ausnahmen von der Sperre.

Ausgangssperren sind nach Volker Boehme-Neßler in Diktaturen und autoritären Regimen ein probates Mittel der Politik. Sie dienen dazu, das Verhalten der Bevölkerung zu kontrollieren. Um sie wirklich durchzusetzen, brauche es in letzter Konsequenz massive staatliche Gewalt. Staatsgewalt in dieser Dimension gegen die Bevölkerung einzusetzen, sei in einer Demokratie nicht möglich. Deshalb seien in Demokratien Ausgangssperren eher verpönt und würden als untaugliches Mittel gelten, um das Verhalten der Bevölkerung konsequent zu steuern.[2]

Zur Unterscheidung von Ausgangssperren mit ausnahmslosem Ausgehverbot und der Situation, in der es (weitreichende) Möglichkeiten gibt, das Haus zu verlassen, sprachen die österreichische Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie von Ausgangsbeschränkungen.[3][4][5] Diese sprachliche Differenzierung wurde in Folge von anderen Bundesländern übernommen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof differenzierte ähnlich in einer Entscheidung.[6]

Ergänzend zu Ausgangssperren können Abriegelungen verordnet oder eingerichtet werden, um eine Ausgangssperre durchzusetzen oder zu kontrollieren. Personen, Güter und – je nach Schadenslage – Informationen sollen den abgeriegelten Bereich nicht oder nur gegen Nachweis der Notwendigkeit betreten oder verlassen können.[7][8] Je nach Situation kann eine Abriegelung für eine Region oder für einzelne Ortschaften erfolgen.[9] Auch die Dauer der Abriegelung kann von einem kurzfristigen Ereignis (zum Beispiel Amoklauf[10]) bis hin zu einem mehrere Wochen oder Monate andauernden Zustand variieren (z. B. im Krieg, im Ausnahmezustand oder im Katastrophenfall).[11] Eine Abriegelung ist in der Regel in beiden Richtungen wirksam, als Ausreisesperre und als Einreisesperre.

Eine relativ milde Variante der Einschränkung der Freizügigkeit besteht darin, Bewohnern eines Gebietes zu verbieten, sich weiter als eine bestimmte Zahl von Kilometern von ihrem Wohnsitz, ihrem Wohnort oder der Gebietskörperschaft, in der sie wohnen (z. B. in Deutschland in einem Landkreis), zu entfernen. Aus dieser Regelung ergibt sich der individuelle Bewegungsradius eines Einwohners.

  1. Die Zeit, Das Lexikon in 20 Bänden, Deutsches Wörterbuch, Band 17, Zeitverlag, Hamburg 2005, ISBN 978-3-411-17577-2, S. 237.
  2. Volker Boehme-Neßler: Nicht von der Verfassung gedeckt. Zeit Online, 2. April 2021, abgerufen am 25. April 2021.
  3. Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) : Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie. (PDF) Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98.
  4. Bayerische Staatsregierung: Vorläufige Ausgangsbeschränkung in Bayern. YouTube, 20. März 2020, abgerufen am 20. März 2020.
  5. Kassian Stroh: Wer in Bayern jetzt noch aus dem Haus darf. Süddeutsche Zeitung, 20. März 2020, abgerufen am 20. März 2020.
  6. VGH München, Beschluss vom 14. Dezember 2020, Az. 20 NE 20.2907 Rn. 28, NJW 2021, 178, beck-online, Zitat: „Für den Wortsinn einer ‚Sperre‘ ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch prägend, dass ein Handeln unmöglich gemacht oder unterbunden wird. Die Untersagung des Verlassens der privaten Wohnung, die dennoch jede berufliche oder dienstliche Tätigkeit und zum Beispiel auch Handlungen zur Versorgung von Tieren zulässt, kann nach diesem Wortsinn nicht als ‚Ausgangssperre‘ im Rechtssinn begriffen werden.“ (zu § 28a Abs. 1 Nr. 3 IfSG).
  7. Alexander Eydlin, dpa, AFP: Coronavirus: Italien lässt Städte im Norden abriegeln. In: Die Zeit. 23. Februar 2020, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 23. März 2020]).
  8. Konzeption Zivile Verteidigung (KZV), Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 25. März 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bbk.bund.de
  9. EU-Vize Barley: „Ausgangssperren sollten das letzte Mittel sein“. 18. März 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. März 2020; abgerufen am 23. März 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.br.de
  10. Nadine Oberhuber: Polizei München: Eine gute Figur. In: Die Zeit. 23. Juli 2016, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 23. März 2020]).
  11. NDR: Als die Pest den Tod nach Hamburg brachte. Abgerufen am 23. März 2020.

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