Bernoulli-Gleichung

Bernoulli-Effekt bei Vergrößerung des Strömungsquerschnittes: Der Druck (mittels U-Rohr senkrecht zur Strömung gemessen) nimmt zu.

Die Bernoulli-Gleichung (auch Gesetz von Bernoulli) ist die Grundgleichung für die eindimensionale Behandlung von Strömungen in Fluiden (Flüssigkeiten und Gase).[1] Die Gleichung gilt näherungsweise für viele Strömungen in realen Flüssigkeiten und Gasen und ist daher Grundlage vieler aero- und hydrodynamischer Berechnungen in der Technik. Sie wurde im 18. Jahrhundert von Daniel und Johann Bernoulli aufgestellt[2]:157ff und ist Ausdruck der Tatsache, dass in der Mechanik Arbeit geleistet werden muss, um einem Körper, hier einem Fluidelement, Energie zuzuführen. Die Bernoulli-Gleichung wird auch mit dem in isolierten Systemen gültigen Energieerhaltungssatz in Verbindung gebracht; die Beschreibung hier folgt Prandtl,[1] Spurk[3]:229 und Landau/Lifshitz.[4]

Nach Bernoulli lässt sich eine Größe mit der physikalischen Dimension einer spezifischen (d. h. massebezogenen) Energie angeben, die ein Integral der Bewegung ist, also auf dem Weg des Fluidelements längs seiner Stromlinie konstant bleibt.[3]:117 In ihrer einfachsten Form lautet die Bernoulli-Gleichung in einer stationären Strömung eines viskosität­sfreien inkompressiblen Fluids in einem homogenen äußeren Kraftfeld, wie das Schwerefeld eines ist:[1]:60[3]:117[5]:115[6]:157

Hierin ist die Geschwindigkeit an einem Ort auf der Stromlinie, der thermodynamische Druck,[7] unter dem das Fluid hier steht (manchmal statischer Druck und bei Umgebungsdruck[1]:67 oder Betriebsdruck genannt[8]), die Dichte, die Schwerebeschleunigung und die Höhe über einer Bezugsebene bei , wo der Betriebsdruck herrscht. Der erste Summand auf der rechten Seite ist die spezifische kinetische Energie des Fluidelements. Der zweite Summand entspricht der spezifischen Enthalpie[4]:4,10[9] oder Druckfunktion[3]:118 und berücksichtigt die am Fluidelement geleistete spezifische Verdrängungsarbeit[10] (auch: Verschiebearbeit). Der dritte Summand steht für die spezifische Lageenergie des Fluidelements im Potential des äußeren Kraftfelds. Die Bernoulli-Konstante[3]:119 wird an einem Punkt der Stromlinie ermittelt und bleibt auf der ganzen Stromlinie konstant.[3]:117 Daher balancieren sich Veränderungen der drei Summanden längs einer Stromlinie gegenseitig aus.

Durch Multiplikation mit geeigneten Konstanten ergeben sich äquivalente Formen dieser Energiegleichung, ausgedrückt mithilfe von Größen anderer physikalischer Dimension. Multiplikation der Energiegröße mit der (konstanten) Dichte ergibt die bernoullische Druckgleichung

.

Auch diese als Totaldruck bezeichnete Größe ist konstant; Veränderungen der drei Summanden balancieren sich auf einer Stromlinie gegenseitig aus. Wird z. B. bei gleichbleibender Höhe die Strömungsgeschwindigkeit an einem Staupunkt vollständig abgebremst, so wächst an diesem Punkt der Druck um die Größe

,

die treffend Staudruck oder dynamischer Druck genannt wird. Hierauf beruht z. B. das hydrodynamische Paradoxon. Messgeräte für den Totaldruck ( angenommen) und den dynamischen Druck sind Pitotrohr bzw. Prandtlsonde.

Dividiert man die Bernoulli-Konstante durch die (konstante) Schwerebeschleunigung , ergibt sich die bernoullische Höhengleichung. Sie gibt die bei der idealen Strömung in jedem Stromfaden erhaltene Größe so an, wie ursprünglich von D. Bernoulli veröffentlicht:[5]:115

Die drei Summanden in der Höhengleichung heißen Geschwindigkeitshöhe , Druckhöhe und Ortshöhe . Ihre Summe ist die längs einer Stromlinie konstante Energiehöhe .

Instationarität der Strömung, Kompressibilität und Viskosität des Fluids können durch Erweiterungen der Bernoulli-Gleichung berücksichtigt werden. So findet sie breite Anwendung in der Auslegung technischer Rohrströmungen, im Turbomaschinen- und Windenergieanlagen­bau.

  1. a b c d Ludwig Prandtl: Prandtl-Führer durch die Strömungslehre. Grundlagen und Phänomene. Hrsg.: H. Oertel. 13. Auflage. Springer Vieweg, 2012, ISBN 978-3-8348-1918-5.
  2. I. Szabó: Geschichte der mechanischen Prinzipien und ihrer wichtigsten Anwendungen. 3., korr. und erw. Auflage. Springer, Basel 2013, ISBN 978-3-0348-5999-8, B - Über die sogenannte Bernoullische Gleichung der Hydromechani; die Stromfadentheorie Daniel und Johann Bernoullis, doi:10.1007/978-3-0348-5998-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 26. Januar 2022]).
  3. a b c d e f J. H. Spurk: Strömungslehre. 8. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg, Dordrecht, London, New York 2010, ISBN 978-3-642-13142-4, S. 177 ff., doi:10.1007/978-3-642-13143-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 17. März 2020] Die Vorschau bezieht sich auf die vierte Auflage von 1996.).
  4. a b L. D. Landau, E. M. Lifshitz: Fluid Mechanics. Course of Theoretical Physics. 3. Auflage. Vol. 6. Pergamon Press, Oxford 1966, ISBN 0-08-033932-8 (archive.org [abgerufen am 16. Mai 2017]).
  5. a b H. Sigloch: Technische Fluidmechanik. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-54291-6, S. 115, doi:10.1007/978-3-642-54292-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 17. März 2020]).
  6. F. Durst: Grundlagen der Strömungsmechanik. Springer, 2006, ISBN 3-540-31323-0.
  7. Franco M. Capaldi: Continuum Mechanics: Constitutive Modeling of Structural and Biological Materials. Cambridge University Press, 2012, ISBN 978-1-107-01181-6, S. 157 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Betriebsdruck – Lexikon der Physik. Spektrum Verlag, abgerufen am 18. Januar 2022.
  9. Bernoullische Gleichung – Lexikon der Physik. Spektrum Verlag, abgerufen am 18. Januar 2022.
  10. Robert Wichard Pohl: Einführung in die Physik. 14. Auflage. Band 1. Springer Verlag, 1959, S. 244 (Die spezifische Verdrängungsarbeit ist , die wo die Masse und Volumen des Fluidelements ist. Die Größe wird auch Verschiebearbeit genannt.).

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