Das CO2-Budget, auch Kohlenstoffbudget, Carbon Budget oder Emissionsbudget, bezeichnet – im Kontext von Klimapolitik und globalen Klimaschutzmaßnahmen – die Gesamtmenge an CO2 aus anthropogenen Quellen, die beginnend mit der Industrialisierung oder einem anderen Referenzzeitpunkt maximal emittiert werden darf, wenn mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eine globale Erwärmung über eine definierte Grenze hinaus vermieden werden soll.[3] Im Kontext der klimawissenschaftlichen Darstellung des Kohlenstoffkreislaufs versteht man unter einem CO2- bzw. Kohlenstoffbudget eine Kohlenstoffbilanz, also eine budgetmäßige Aufstellung der Kohlenstoffflüsse von und zu Kohlenstoffspeichern wie etwa der Atmosphäre.[4][5]
Es besteht ein annähernd linearer Zusammenhang zwischen der kumulierten Gesamtmenge an emittiertem CO2 und der dadurch verursachten Temperaturerhöhung, solange man keinem Kipppunkt des Klimasystems zu nahe kommt. Daher muss für einen wirksamen Klimaschutz die kumulierte Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen limitiert werden.[6][7] Gibt man die maximal emittierbare Menge mit Beginn der Industrialisierung als Referenzzeitpunkt an, so spricht man vom Gesamtbudget. Bei einem jüngeren Referenzzeitpunkt ist dies das Restbudget zu diesem Zeitpunkt.[8] Das CO2-Budget wird gelegentlich als „verbleibender atmosphärischer Deponieraum“ verbildlicht.[9] Um das Budget einzuhalten, muss die gesamte Energiewirtschaft vollständig dekarbonisiert werden.[10] Entscheidend für das Ausmaß des Klimawandels ist also nicht der gegenwärtige Ausstoß an Treibhausgasen, wie oft fälschlich angenommen wird, sondern die Gesamtmenge an Emissionen, die über die Zeit anfällt. Daraus ergibt sich, dass ein Hinauszögern des Klimaschutzes auf einen späteren Zeitpunkt zu einem stärkeren Klimawandel führt.[11] Umgekehrt bedeutet dies im Hinblick auf den Klimaschutz, dass für jedes Jahr Verzögerung in der Gegenwart anschließend umso schnellere und tiefgreifendere Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen.[12]
Der Weltklimarat IPCC gibt das globale CO2-Restbudget in seinem 2018er Sonderbericht mit 420 Gigatonnen an, wenn das 1,5-Grad-Ziel (bezüglich der mittleren globalen Oberflächentemperatur) mit 66 % Wahrscheinlichkeit erreicht werden soll. Bei gleichbleibendem Ausstoß wäre dieses Budget in sieben Jahren aufgebraucht (Anfang November 2020).[13][14] Im Jahr 2018 wurden weltweit rund 42 Gigatonnen CO2 emittiert, mit steigender Tendenz.[13] Nach Überprüfung neuester Daten und Verfeinerungen schätzen Lamboll et al. (2023), dass das verbleibende Kohlenstoffbudget für eine 50%ige Chance, die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, mit Stand Januar 2023 etwa 250 GtCO2 betrug. Dies entspricht ca. sechs Jahren aktueller CO2-Emissionen. Unsicherheiten bei dieser Schätzung ergeben sich aus Nicht-CO2-Emissionen (z. B. Methan) und potenzieller Erwärmung nach Erreichen von Netto-null-CO2-Emissionen.[15]
Eine Arbeitsgruppe der Science for Future hält das CO2-Budget für ein inzwischen aus der Zeit gefallenes Narrativ. Angesichts der zunehmend verloren gehenden natürlichen Kohlenstoffsenken[16] gäbe es kein Restbudget mehr, wenn mit akzepablen Eintrittswahrscheinlichkeiten gerechnet wird.[17]
In der Klimapolitik gehören nationale Kohlenstoffbudgets[5] und die Frage, inwiefern diese mit einem globalen Budget in Einklang stehen, zu den Schlüsselthemen. Für Deutschland, das als Industrieland höhere Pro-Kopf-Emissionen als der Weltdurchschnitt produziert, ermittelte der Klimaforscher Stefan Rahmstorf – ausgehend von eben diesen Zahlen und 67 % Wahrscheinlichkeit für die Begrenzung der Erderwärmung gemäß Übereinkommen von Paris auf maximal 1,75 Grad – ein Restbudget von 9,7 Gigatonnen. Von diesem Restbudget, das Anfang 2016 zur Verfügung stand, seien bis Anfang 2019 bereits 2,4 Gigatonnen verbraucht worden (zirka 0,8 Gigatonnen pro Jahr), sodass mit Stand Anfang 2019 noch 7,3 Gigatonnen zur Verfügung stünden. Um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, müsste Deutschland beispielsweise seine Emissionen jedes Jahr linear um 6 % reduzieren und bis 2036 Nullemissionen erreichen.[18] Der Sachverständigenrat für Umweltfragen kommt zu ähnlichen Werten und nennt für 2020 unter den gleichen Annahmen ein Restbudget von 4,2 Gigatonnen für die im Parisabkommen angestrebte Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad mit einer 50-%-Chance und 6,6 Gigatonnen für die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,75 Grad. Dieses Budget wäre bei konstanten Emissionen auf gegenwärtigem Niveau, nämlich 0,8 Gigatonnen pro Jahr, 2025 beziehungsweise für 1,75 Grad 2028 aufgebraucht, bei einer linearen Reduktion auf Nullemissionen im Jahr 2032 beziehungsweise 2038.[19] Hingegen sehen die 2019 aufgestellten Klimaschutzpläne der Bundesregierung vor, dass Deutschland bereits bis zum Jahr 2030 rund 7,5 Gigatonnen Kohlendioxid freisetzt. Damit würde Deutschland, das Klimaneutralität für 2050 anstrebt, noch vor dem Jahr 2030 das oben genannte Budget überschreiten, obwohl bei dieser Budgetberechnung für Deutschland sehr vorteilhafte Annahmen getroffen wurden.[20]
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