Deutscher Kaiser

Der Deutsche Kaiser war Staatsoberhaupt des von 1871 bis 1918 bestehenden Deutschen Reiches. Das Amt des Deutschen Kaisers übte der König von Preußen aus. Der Kaisertitel wurde gewählt, um dem jungen deutschen Nationalstaat in Anlehnung an das 1806 erloschene römisch-deutsche Kaisertum geschichtlichen Glanz zu verleihen. Es bestanden jedoch keinerlei rechtliche oder politische Gemeinsamkeiten mit der monarchischen Herrschaft des Heiligen Römischen Reiches.

Eine Restauration des Kaisertums wurde seit den napoleonischen Kriegen von national gesinnten Kreisen im Adel und Bürgertum gefordert. In Verbindung mit Volkssagen um den Stauferkaiser Friedrich Barbarossa wurde der deutsche Kaiser in Literatur, Theater und bildender Kunst als eine mythische Gestalt herbeigesehnt, die Deutschland vor „Fremdherrschaft“ retten, die Nation einen und zu neuer Größe führen sollte. Die Debatte um die Errichtung eines deutschen Kaisertums gewann 1849 an Dringlichkeit, als im Zuge der Paulskirchenversammlung der Versuch unternommen wurde, eine konstitutionelle Monarchie zu etablieren. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch an der Ablehnung durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., welcher eine parlamentarisch angebotene Kaiserkrone nicht tragen wollte.

Pläne zur Schaffung eines deutschen Kaiseramtes gewannen so erst wieder an Bedeutung, nachdem 1867 unter Führung der preußischen Monarchie ein Staatenzusammenschluss nördlich des Mains, der sogenannte Norddeutsche Bund errichtet worden war und 1870/1871 die süddeutschen Staaten im Deutsch-Französischen Krieg an der Seite des norddeutschen Nachbarn kämpften. Die Rechte, welche der preußische König Wilhelm I. bereits als „Präsidium des Bundes“ oder „Bundespräsidium“ ausübte, wurden nun mit einem deutschen Kaisertitel zusammengeführt. Die präsidiale Bezeichnung wurde zwar beibehalten, trat in der Praxis jedoch völlig hinter der neu geschaffenen Kaiserbezeichnung zurück. Bei der Gründung des Deutschen Reiches wurde Wilhelm I. am 18. Januar 1871 von den deutschen Fürsten im Schloss Versailles bei Paris zum Kaiser ausgerufen. Die verfassungsrechtliche Grundlage dafür wurde durch die Verfassung des Deutschen Bundes vom 1. Januar 1871 sowie durch die Bismarcksche Reichsverfassung vom 16. April 1871 geschaffen.

Wilhelm I. auf dem Wandmosaik der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, hinter ihm steht rechts sein Nachfolger Friedrich III. Ganz rechts im Vordergrund sind Wilhelm II. und dessen Gemahlin Auguste Victoria positioniert

Der Deutsche Kaiser war kein Alleinherrscher, auch wenn ein Amtsträger wie Wilhelm II. sich dies gern als „Persönliches Regiment“ vorstellte. Mit Blick auf die deutsche Regierung hatte der Kaiser seine Rolle im Rahmen der konstitutionellen Monarchie. Er ernannte den Bundeskanzler bzw. den Reichskanzler, den einzigen verantwortlichen Minister, die Exekutive. Allerdings wurden alle Amtshandlungen des Kaisers erst wirksam, nachdem der Kanzler sie gegengezeichnet hatte. In der Zeit des deutschen Kaiserreichs gab es drei Amtsträger, die der Hohenzollern-Dynastie entstammten: Wilhelm I., Friedrich III. und Wilhelm II. Das Kaisertum verlor bereits vor dem Ersten Weltkrieg in Teilen der Bevölkerung an Zustimmung. Dennoch mündeten erst die von dem US-Präsident Woodrow Wilson zur Vorbedingung für die Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen gemachten Äußerungen in politischen Debatten über einen Thronverzicht Wilhelms II. Um günstigere Friedensbedingungen zu erwirken und einer Radikalisierung der inzwischen ausgebrochenen Novemberrevolution vorzubeugen, verkündete schließlich Reichskanzler Max von Baden am 9. November 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers und des Kronprinzen Wilhelm. Am folgenden Tag ging Wilhelm II. ins Exil in die Niederlande, formell verzichtete er erst am 28. November 1918 auf seine Titel und Rechte.


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