Die 10. documenta, die documenta X (oder: dX als Symbol mit dem roten „X“ als römische „10“ hinter bzw. auf dem kleinen schwarzen „d“) fand vom 21. Juni bis 28. September 1997 unter der künstlerischen Leitung der Französin Catherine David in Kassel statt. Geschäftsführer der documenta und der Museum Fridericianum Veranstaltungs-GmbH war zum ersten Mal Bernd Leifeld.
Catherine David stellte an die documenta X den Anspruch, eine „Retroperspektive“ zu sein. Hinter dieser Wortschöpfung verbarg sich, dass die dX als letzte große Kunstausstellung des 20. Jahrhunderts einerseits eine Retrospektive sein sollte, also eine Rückschau, um „einen kritischen Blick auf die Geschichte, auf die jüngste Nachkriegsvergangenheit zu werfen und auf das, was davon die Kultur und die zeitgenössische Kunst umtreibt.“ (Catherine David im Vorwort zum Kurzführer zur dX). Dieser Blick sollte unter einer „kritischen“ „aktuellen“ Perspektive wichtige Positionen sichten, die in den 1960er Jahren aufkamen und in den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts im Kunstgeschehen thematisiert wurden.
Catherine David verknüpfte politische und gesellschaftliche Themen im Ausstellungskonzept der dX und erhob erstmals für die documenta den Anspruch einer globalisierten Betrachtungsweise. Mit diesem Ansatz wurden die ersten Weichen für die internationalisierte documenta11 von Okwui Enwezor 2002 gestellt.
Als zweite Ebene zum Ausstellungskonzept wurde die Vortrags- und Veranstaltungsreihe 100 Tage – 100 Gäste platziert. Hier kamen unter anderem Philosophen, Kunstkritiker, Journalisten, Filmemacher, Architekten und Stadtplaner, Psychoanalytiker, Ökonomen und andere Menschen zu Wort, um der eigentlichen Ausstellung einen zusätzlichen theoretischen Rahmen zu verschaffen.
Der Katalog zur documenta X (Idee und Konzeption Catherine David und Jean-François Chevrier) war kein Ausstellungskatalog im eigentlichen Sinne mehr, sondern das buch zur documenta X, Untertitel: Politics – Poetics. Das über 800-seitige Werk ist ein umfangreiches Lesebuch, mit dem der Versuch unternommen wurde, „einen politischen Kontext für die Interpretation von künstlerischer Tätigkeit am Ende des 20. Jahrhunderts abzustecken.“ (Vorwort).
628.776 Besucher konnten sich in Kassel mit der Frage auseinandersetzen, ob die documenta X eine zu „intellektuelle“ Inszenierung war, wie mancher Kritiker der documenta-Leiterin vorwarf.