Eid des Hippokrates

Hippokratischer Eid auf einem byzantinischen Manuskript des 12. Jahrhunderts

Der sogenannte Eid des Hippokrates (oder Hippokratischer Eid, auch Schwur des Hippokrates), benannt nach dem griechischen Arzt Hippokrates von Kos (um 460 bis 370 v. Chr.), ist ein ursprünglich in griechischer Sprache verfasstes Arztgelöbnis und gilt als erste grundlegende Formulierung einer ärztlichen Ethik. Die Urheberschaft des Eides ist jedoch ungeklärt. Erstmals im 1. Jahrhundert unter dem lateinischen Titel iusiurandum[1] bezeugt, wurde der Pflichtenkodex als Teil des Corpus Hippocraticum, einer Sammlung medizinischer Texte, als Ὅρκος (Horkos, „Eid“) überliefert und Hippokrates zugewiesen.[2]

Der Eid des Hippokrates wird in seiner klassischen Form nicht von Ärzten geleistet und hat keine Rechtswirkung, hat aber gleichwohl immer noch Einfluss auf die Formulierung moderner Alternativen, etwa der Genfer Deklaration des Weltärztebundes. Er enthält mehrere Elemente, die auch heute noch Bestandteil ärztlicher Ethik sind (Gebot, Kranken nicht zu schaden, Schweigepflicht, Verbot sexueller Handlungen an Patienten etc.). Manche Teile entsprechen nicht mehr den heutigen Gegebenheiten (beispielsweise das Verbot, Blasensteine zu operieren,[3] da Chirurgen damals ein eigener Berufsstand neben den Ärzten waren); diese werden oft entsprechend heutiger Gegebenheiten uminterpretiert (zum Beispiel als Verbot, Behandlungen durchzuführen, für die der Arzt nicht das nötige Spezialwissen besitzt). Schwangerschaftsabbruch und nach häufiger Interpretation auch aktive Sterbehilfe werden durch den Eid des Hippokrates untersagt. Je nach Übersetzung lässt sich der als Verbot aktiver Sterbehilfe gelesene Teil auch als Verbot der Beteiligung an einem Giftmord lesen. Hierfür wird als Argument herangezogen, dass es aus der Entstehungszeit des Eides keinen überlieferten Fall aktiver Sterbehilfe durch Beibringung von Gift gibt, wohl jedoch eine Sorge vor Giftmorden.[4]

In Deutschland werden weder der Eid noch das Genfer Gelöbnis nach der Approbation verpflichtend geleistet, diese werden jedoch in insbesondere medizinethischen Diskussionen als ethische Richtlinie beziehungsweise Ehrenkodex argumentativ angeführt.[5]

  1. Vgl. etwa Johan Ludvig Heiberg (Hrsg.): Hippokrates, Iusiurandum, De medico. In: Corpus Medicorum Graecorum. Band I 1. Leipzig/Berlin 1927.
  2. Vergleiche Suda, Stichwort Ἱπποκράτης, Adler-Nummer: iota 564, Suda-Online.
  3. Eine grundsätzliche Ablehnung chirurgischer Operationen kann durch die ansonsten geübte Praxis der Hippokrater nicht abgeleitet werden; vgl. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. 1989, S. 176, Anm. 5.
  4. Hubert Steinke: Der Hippokratische Eid: ein schwieriges Erbe. In: Schweizerische Ärztezeitung. Band 97, Nr. 48, 30. November 2016, doi:10.4414/saez.2016.05162 (saez.ch [abgerufen am 29. April 2021]).
  5. Unterstützung beim Suizid verstößt gegen ärztliches Ethos. In: Ärzteblatt. 19. Juli 2010.

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