Erwin Friedrich Max Piscator (* 17. Dezember 1893 in Ulm, heute zu Greifenstein gehörig; † 30. März 1966 in Starnberg) war ein deutscher Theaterintendant, Regisseur und Theaterpädagoge.
Piscator war ein einflussreicher Avantgardist der Weimarer Republik, der das Theater unter Ausweitung der bühnentechnischen Möglichkeiten zum ‚politischen Tribunal‘ umfunktionierte. Mit Hilfe komplexer Arrangements von Filmdokumenten, Bildprojektionen, laufenden Bändern und Fahrstühlen kommentierte er das theatrale Geschehen und erweiterte die Bühne zum epischen Panorama.
Das an den Piscator-Bühnen der Weimarer Republik entwickelte politische Theater erzielte breite Resonanz, veranlasste die Zeitgenossen jedoch angesichts der Abgrenzung des Regisseurs von einer Bühnenästhetik des reinen Kunstschönen zu sehr widersprüchlichen Einschätzungen. Piscators Inszenierungen wirkten auch auf die Theatertheorie Bertolt Brechts ein, der mit seinem epischen Theater Anleihen bei Piscator machte.[1]
Nach langjähriger Emigration in der Sowjetunion, Frankreich und den Vereinigten Staaten traf Piscator in den 1950er und 1960er Jahren in der Bundesrepublik erneut den Nerv der Zeit mit Inszenierungen von Gegenwartsstücken zur NS-Vergangenheit. Damit leitete er eine Phase des Gedächtnis- und Dokumentartheaters ein, die auf breiter Ebene zu gesellschaftlichen Debatten um Fragen der Geschichtspolitik führte.