Francesco Patrizi da Cherso

Porträt Patrizis von 1580 als Kupferstich in seinen Discussiones peripateticae, Ausgabe Basel 1581

Francesco Patrizi da Cherso (auch Patrizzi, Patricio, latinisiert Franciscus Patricius, kroatisch Frane Petrić, Franjo Petrić oder auch Franjo Petriš; * 25. April 1529 in Cres; † 7. Februar 1597 in Rom) war ein venezianischer Humanist, Philosoph, Schriftsteller, Literatur-, Staats- und Geschichtstheoretiker, Militärwissenschaftler und Dichter kroatischer Abkunft.

Patrizi studierte an der Universität Padua aristotelische Philosophie, wandte sich aber schon in der Studienzeit dem Platonismus zu. Er wurde zu einem scharfen, profilierten Gegner des Aristotelismus, mit dem er sich in umfangreichen Schriften eingehend auseinandersetzte. Nach langjährigen vergeblichen Bemühungen um eine dauerhafte materielle Existenzsicherung erhielt er schließlich 1577 eine Einladung an den herzoglichen Hof der Este in Ferrara. An der dortigen Universität wurde eigens für ihn ein Lehrstuhl für platonische Philosophie eingerichtet. In der Folgezeit gewann er als Professor Ansehen, verwickelte sich aber auch in wissenschaftliche und literarische Kontroversen; er neigte zur Polemik und wurde seinerseits von Gegnern heftig angegriffen. Im Jahr 1592 folgte er einer Einladung nach Rom, wo dank päpstlicher Gunst wiederum ein neuer Lehrstuhl für ihn geschaffen wurde. Seine letzten Lebensjahre verdunkelte ein schwerer Konflikt mit der kirchlichen Zensurbehörde, die sein Hauptwerk, die Nova de universis philosophia, verbot.

Als einer der letzten Renaissance-Humanisten zeichnete sich Patrizi durch eine umfassende Bildung, vielseitige wissenschaftliche Aktivität, einen starken Willen zur Innovation und außergewöhnliche schriftstellerische Fruchtbarkeit aus. Er untersuchte etablierte, allseits anerkannte Lehren kritisch und schlug Alternativen vor. Insbesondere wollte er die vorherrschende aristotelische Naturphilosophie durch ein eigenes Modell ersetzen. Der traditionellen Auffassung vom Sinn historischer Studien, den man auf moralische Belehrung einzuengen pflegte, setzte er sein Konzept einer breit angelegten, neutralen, wissenschaftlichen Geschichtsforschung entgegen. In der Dichtungslehre betonte er die Bedeutung der Inspiration und kämpfte gegen herkömmliche Regeln, die er für willkürliche, wirklichkeitsferne Einschränkungen der schöpferischen Freiheit hielt.

In der Frühen Neuzeit fand Patrizis stark umstrittene Naturphilosophie trotz der kirchlichen Verurteilung beträchtlichen Widerhall, blieb aber eine Außenseiterposition. Die moderne Forschung würdigt seine Beiträge zur Konstituierung des modernen Raumbegriffs und zur Geschichtstheorie.


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