Die Geschichte Ostfrieslands hat eine teils recht eigenständige Entwicklung innerhalb Deutschlands genommen, weil die Region durch große Moore im Süden des Landstrichs bei gleichzeitiger Hinwendung zur See über Jahrhunderte relativ isoliert war. So war in Ostfriesland[1] im Mittelalter der Feudalismus nur wenig ausgeprägt, stattdessen entstand das Gefolgschaftssystem der Friesischen Freiheit. Erst 1464 wurde das Haus Cirksena mit der Reichsgrafschaft Ostfriesland belehnt. Der Absolutismus blieb in Ostfriesland jedoch unbekannt. In den zwei Jahrhunderten nach etwa 1500 machte sich ein spürbarer Einfluss der Niederlande bemerkbar – politisch, wirtschaftlich und kulturell. 1744 verlor die Grafschaft ihre Selbstständigkeit innerhalb des Heiligen Römischen Reichs und gehörte fortan zu Preußen, nach dem Wiener Kongress (1815) zum Königreich Hannover, ab 1866 wiederum zu Preußen und seit 1946 zu Niedersachsen.
Prägend ist auch der Jahrhunderte währende Kampf gegen die Fluten der Nordsee. In dem flachen Land an der Küste begannen die Menschen um das Jahr 1000, sich durch die Anlegung von Warften und Deichen gegen die Fluten zu schützen. Dabei kam es jedoch immer wieder zu schweren Rückschlägen in Form von verheerenden Sturmfluten, die zu Deichdurchbrüchen, Überschwemmungen und Landverlusten führten.
Fortschritte in der landwirtschaftlichen Nutzung waren durch verbesserte Melioration der Marschen und die planmäßige Urbarmachung der Moore (ab 1633) zu verzeichnen. Der Handel, insbesondere der Seehandel, hat zu fast allen Zeiten eine wichtige Rolle gespielt. So war die Stadt Emden um 1600 eine bedeutende Hafenstadt in Europa und entwickelte sich zugleich zu einem Hort des Calvinismus. Landwirtschaft und Fischerei waren über Jahrhunderte die wichtigsten Erwerbszweige. Die Industrialisierung hingegen fand erst spät statt.