Geschichte der Zahnmedizin

Verzierung in der Initiale „D“ aus Omne bonum von Jakobus dem Engländer: Zahnarzt mit Silberzange und Halskette aus großen Zähnen bei der Zahnextraktion. London, 1360–1375 (British Library, Royal 6 E VI, fol. 503v)
Zahnärztlicher Behandlungskoffer mit Instrumenten zur Plaque- und Zahnsteinentfernung, England, 17. Jahrhundert, Science Museum, London, A61493
Pietro Longhi: Der Zahnzieher, etwa 1780

Die Geschichte der Zahnmedizin oder Geschichte der Zahnheilkunde umfasst die Entwicklungen in der Zahnheilkunde einschließlich der Beiträge von Personen, die die Zahnmedizin ihrer Zeit beeinflussten. Sie ist ein Teil der Medizingeschichte und reicht bis in die Urgeschichte zurück. Die konservierende Behandlung von Zähnen wurde bei einem 14.000 Jahre alten männlichen Individuum aus der Felshöhle von Riparo Villabruna bei Sovramonte in Norditalien festgestellt, ferner für die Zeit um 5500 bis 7000 v. Chr. bei Bauern in Pakistan. Kariöse Zähne wurden präzise aufgebohrt, möglicherweise verbunden mit einer anschließenden Füllung des Hohlraums. Ebenfalls aus der Jungsteinzeit stammt ein Backenzahn aus Dänemark, an dem eine Trepanation vorgenommen wurde. Die ersten zahntechnischen Arbeiten wurden Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. von Etruskern und Phöniziern angefertigt. Der Einfluss römischer und griechischer Gelehrter war im Mittelalter im christlichen wie im arabischen Raum bestimmend. Die arabischen Erkenntnisse gelangten zusammen mit vielen antiken durch die Übersetzerschule von Toledo und über Salerno in den abendländischen Raum, in dem die Zahnheilkunde durch die Barbiere ausgeübt wurde.

Seit den Sumerern hielt sich bis in die Neuzeit der Glaube, dass ein Zahnwurm für die Karies ursächlich sei. Die Wissenschaft legte Anfang des 18. Jahrhunderts, vor allem durch den Franzosen Pierre Fauchard, die Grundlage für die Zahnheilkunde der Neuzeit. Die zahnärztliche Behandlung unter Betäubung wurde ab dem 19. Jahrhundert mit Lachgas durchgeführt, das schon 1776 synthetisiert wurde. Äther- und Chloroformnarkosen folgten dem Lachgas. Der US-amerikanische Zahnarzt William Thomas Green Morton konnte damit erstmals einen Patienten schmerzfrei von seinem Leiden befreien.

Im November 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die später nach ihm benannten Röntgenstrahlen, die die Untersuchung des Kiefers vereinfachten. Als Mittel zur örtlichen Betäubung von Zahnschmerzen wurde im Jahre 1905 das Lokalanästhetikum Procain von den deutschen Chemikern Alfred Einhorn und Emil Uhlfelder entwickelt, die dem Wirkstoff den Namen Novocain (lateinische Wortschöpfung für „Neues Cocain“) zuordneten. Damit waren die Grundlagen für eine moderne Diagnostik und Therapie gelegt. Die Zahnheilkunde erlebte daraufhin einen rasanten Fortschritt: von der Entwicklung zahlreicher oralchirurgischer Verfahren bis zur Anfertigung von Zahnersatz mittels CAD/CAM-Verfahren. Parallel zum Fortschritt der wissenschaftlichen Zahnheilkunde entwickelte sich das Berufsbild, was in der Geschichte des Zahnarztberufs dargestellt wird. Daneben entwickelte sich die Tierzahnheilkunde, die sich entsprechend modifizierter Verfahren der allgemeinen Zahnheilkunde bedient.

Zu den bedeutenden Forschern zur Geschichte der Zahnmedizin gehören die schwedisch-dänische Zahnärztin Hedvig Lidforss Strömgren (1877–1967) und der Deutsche Walter Hoffmann-Axthelm.


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