Gotische Buchmalerei

Jean de Bondol: Jean de Vaudetar präsentiert sein Werk, die Bible historiale als Geschenk König Karl V. (Frankreich, 1371/72).[1]

Die Buchmalerei der Gotik ging von Frankreich und England aus, wo sie um 1160/70 einsetzte, während in Deutschland noch bis um 1300 romanische Formen dominant blieben. Während der gesamten gotischen Epoche blieb Frankreich als führende Kunstnation bestimmend für die stilistischen Entwicklungen der Buchmalerei. Mit dem Übergang von der Spätgotik zur Renaissance verlor die Buchmalerei in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ihre Rolle als eine der bedeutendsten Kunstgattungen infolge der Ausbreitung des Buchdrucks.

An der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert trat die kommerzielle Buchherstellung an die Seite der klösterlichen Buchproduktion, gleichzeitig traten immer mehr Künstlerpersönlichkeiten namentlich in Erscheinung.[2] Ab dem 14. Jahrhundert wurde der Meister typisch, der eine Werkstatt leitete, mit der er sowohl in der Tafel- als auch in der Buchmalerei tätig war. Im Laufe des 13. Jahrhunderts löste der hohe Adel den Klerus als wichtigsten Auftraggeber ab, damit wurde die weltliche höfische Literatur ein bevorzugter Gegenstand der Buchmalerei. Der meistillustrierte Buchtyp blieb aber das für den privaten Gebrauch bestimmte Stundenbuch.

Im Vergleich zur Romanik ist die gotische Malerei durch einen weichen, durchschwungenen Figurenstil und fließende Faltenwürfe gekennzeichnet. Diese Tendenz blieb während der gesamten gotischen Epoche gültig und fand ihren Höhepunkt im sogenannten Weichen Stil. Weitere charakteristische Merkmale waren die Verwendung zeitgenössischer architektonischer Elemente zur dekorativen Gliederung der Bildfelder. Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts fanden in ganz Europa meist rote und blaue Fleuronné-Initialen als typische Dekorform der Manuskripte des unteren und mittleren Ausstattungsniveaus Verwendung. Selbständige Szenen, die als historisierte Initialen und Drolerien am unteren Bildrand ausgeführt wurden, boten Raum für fantasievolle, vom illustrierten Text unabhängige Darstellungen und trugen wesentlich zur Individualisierung der Malerei und zur Abkehr von erstarrten Bildformeln bei. Ein naturalistischer Realismus mit Perspektive, räumlicher Tiefenwirkung, Lichteffekten und realistischer Anatomie der dargestellten Personen setzte sich, ausgehend vom Realismus der Kunst der südlichen Niederlande, im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend durch und wies auf die Renaissance.

  1. Den Haag, Museum Meermanno-Vesteenianum, Ms 10 B 23. Literatur: Walther/Wolf, S. 222–223.
  2. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Walther 35.

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