Graphen

Valenzstrichformel

Graphen [gʁa'feːn] (Betonung auf der zweiten Silbe: Graphen; französisch graphène, englisch graphene) ist die Bezeichnung für eine Modifikation des Kohlenstoffs mit zweidimensionaler Struktur. Jedes Kohlenstoffatom ist im Winkel von 120° über Atombindungen mit drei weiteren verbunden, so dass sich ein bienenwabenförmiges Muster ausbildet. Darüber hinaus ist jedes Kohlenstoffatom auch an einer Doppelbindung beteiligt. Die Elektronen dieser Doppelbindungen, die π-Elektronen, sind jedoch vollständig delokalisiert, das heißt frei über die gesamte Wabenstruktur beweglich. Insgesamt handelt es sich bei der Graphenstruktur um eine Verknüpfung sehr vieler Benzolringe zu einer durchgehenden Fläche. Graphen lässt sich damit als Extremfall eines polycyclischen aromatischen Kohlen­wasserstoffs beschreiben. Aufgrund der durchgehenden Verknüpfungen in den Flächen sind jedoch dort gar keine Wasserstoffatome gebunden. Nur an den Rändern des Wabengitters sind zum Erreichen der Vierbindigkeit der C-Atome weitere Bindungspartner, beispielsweise Wasserstoffatome, vorhanden. Gemessen an der Größe des Gesamtmoleküls haben sie kaum Einfluss auf die Eigenschaften des Graphens.

Graphen-Modell
Beziehung zwischen Graphen und Graphit
Einführender Animationsfilm zur elektronischen Bandstruktur, den Dirac-Kegeln und Gitter-Effekten von Graphen (englische Untertitel).

Gedanklich lässt sich durch Stapeln solcher einlagiger Graphen-Schichten die dreidimensionale Struktur des Graphits[1] erzeugen, mit dem Graphen strukturell eng verwandt ist. Stellt man sich die einlagigen Schichten dagegen aufgerollt vor, so erhält man gestreckte Kohlenstoffnanoröhren.[2] Ebenfalls gedanklich kann man einige der Sechserringe durch Fünferringe ersetzen, wodurch sich die ebene Fläche zu einer Kugelfläche wölbt und sich bei bestimmten Zahlenverhältnissen Fullerene ergeben: Ersetzt man zum Beispiel 12 von 32 Ringen, entsteht das Buckminster-Fulleren (C60).[3] Theoretisch sind auch einlagige Schichten aus anderen vierwertigen Elementen wie Silicium und Germanium möglich. Im Jahr 2012 wurden solche Silicen-Schichten in Form einer leicht gewellten einlagigen Schicht aus Silicium experimentell nachgewiesen.[4]

Im Jahr 2010 wurden Geim und Novoselov für ihre Untersuchungen am Graphen mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet,[5][6] nachdem sie nicht nur für die Darstellung dieser Systeme Entscheidendes geleistet, sondern auch viele ihrer ungewöhnlichen Eigenschaften entdeckt hatten.

  1. P. R. Wallace: The Band Theory of Graphite. In: Physical Review. Band 71, Nr. 9, 1947, S. 622–634, doi:10.1103/PhysRev.71.622.
  2. Sumio Iijima: Helical microtubules of graphitic carbon. In: Nature. Band 354, 1991, S. 56–58, doi:10.1038/354056a0.
  3. Mitsutaka Fujita, Riichiro Saito, G. Dresselhaus, M. S. Dresselhaus: Formation of general fullerenes by their projection on a honeycomb lattice. In: Physical Review B. Band 45, Nr. 23, 1992, S. 13834–13836, doi:10.1103/PhysRevB.45.13834.
  4. Patrick Vogt u. a.: Silicene: Compelling Experimental Evidence for Graphenelike Two-Dimensional Silicon. In: Physical Review Letters. Band 108, Nr. 15, 12. April 2012, S. 155501, doi:10.1103/PhysRevLett.108.155501.
  5. Manfred Lindinger: Nobelpreis für Physik 2010. Die Bremsspur des Bleistifts. FAZ.net, 5. Oktober 2010, abgerufen am 5. Oktober 2010. (Leider hat die Zeitung die Fotos vertauscht: Der Herr im schwarzen Pullover ist K. Novoselov und nicht A. Geim)
  6. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Nobel.

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