Heegner-Punkt

Die Lage der Zahlen in der Ebene wird durch ihren Real- und Imaginärteil, auf der Re- bzw. Im-Achse eingetragen, bestimmt, wodurch jeder komplexen Zahl ein Punkt entspricht – ganz analog dazu, wie jede reelle Zahl als Punkt einer Zahlengeraden gedeutet werden kann. Das Bild zeigt die beiden Heegner-Punkte und in der oberen Halbebene.

Heegner-Punkte (benannt nach Kurt Heegner) sind Zahlen, die quadratische Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten lösen und die mit Punkten auf geometrischen Figuren, nämlich Modulkurven, verknüpft werden können. Die mittels der Verknüpfung gegebenen Punkte auf Modulkurven werden ebenfalls Heegner-Punkte genannt und sind Gegenstand der arithmetischen Geometrie. Sie spielen eine bedeutende Rolle in der Theorie der elliptischen Kurven und in der Klassenkörpertheorie. Heegner-Punkte unterscheiden sich von den namensähnlichen Heegner-Zahlen.

Die als Heegner-Punkte bezeichneten Lösungen der quadratischen Gleichung sind komplexe Zahlen mit ausschließlich positivem Imaginärteil. Beispielsweise ist die Zahl ein Heegner-Punkt, da sie den positiven Imaginärteil besitzt und die Gleichung erfüllt. Die Lösungen werden verwendet, um Punkte zu erzeugen, die die komplizierteren Gleichungen von Modulkurven oder elliptischen Kurven erfüllen. Der Mehrwert dieser Methode liegt darin, dass Heegner-Punkte anhand der quadratischen Gleichung einfach bestimmt werden können. Die damit erzeugten Punkte geben letztlich einige Auskunft über Fragestellungen aus der Zahlentheorie. Kurt Heegner verwendete sie, um Fragen der Zerlegung von Zahlen in elementarere multiplikative Bausteine nachzugehen, die analog zur Theorie der Primzahlen sind.

Indirekt sind Heegner-Punkte in Ideen involviert, die Kreiszahl auf viele Stellen nach dem Komma zu ermitteln. Sie sind ein Ausgangspunkt für den Chudnovsky-Algorithmus, mit dessen Hilfe bis heute (Stand 2023) über 100 Billionen Dezimalstellen von berechnet wurden.

Besondere Prominenz erhalten Heegner-Punkte im Themenkreis rund um die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer, eines der sieben Millennium-Probleme der Mathematik. Sie spielten die Schlüsselrolle bei der Frage, warum diese bis heute im Allgemeinen unbewiesene Hypothese nur in ganz bestimmten Fällen mit den bisher errungenen Erkenntnissen bewiesen werden konnte. Dies sind genau die Fälle, in denen die zugehörigen elliptischen Kurven – dies sind die Gegenstände der Vermutung – einen „unmittelbaren Bezug“ zu Heegner-Punkten haben. Über die Betrachtung unendlich vieler Heegner-Punkte gleichzeitig, sogenannter Heegner-Systeme, konnte Victor Kolyvagin in Kombination mit Resultaten von Benedict Gross und Don Zagier im Jahr 1988 zeigen, dass die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer im Falle der analytischen Ränge und wahr ist.

Bis heute gelten Heegner-Punkte als Objekte mathematischen Interesses, auch bei der Verwendung von Algorithmen, also rechnerischen Verfahren. Wichtige Beiträge zu deren Erforschung lieferten Bryan Birch, Henri Darmon, Peter Swinnerton-Dyer, Benedict Gross, Kurt Heegner, Winfried Kohnen, Victor Kolyvagin, Barry Mazur, Heinrich Weber, Zhang Wei, Don Zagier und Shou-Wu Zhang.


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