Herodian

Herodian (griechisch Herodianos, lateinisch Herodianus, deutsch Herodian; * wohl um 175; † vermutlich um 250) war ein griechischsprachiger römischer Geschichtsschreiber des ausgehenden Prinzipats. Vermutlich stammte er aus Syrien oder Kleinasien. Vielleicht war er ein kaiserlicher Freigelassener, der in der niederen Verwaltung tätig war. Er schrieb ein Geschichtswerk in acht Büchern über die Jahre von 180 bis 238. Die Darstellung reicht vom Tode des Kaisers Mark Aurel und dem Regierungsantritt des Commodus bis zum Beginn der Herrschaft Kaisers Gordians III. Im Mittelpunkt steht damit die Geschichte der Severer.

Herodians Geschichtswerk mit dem Titel Geschichte des Kaisertums nach Mark Aurel (griechisch Τῆς μετὰ Μάρκον βασιλείας ἱστορία) wurde in der Forschung traditionell sehr kritisch betrachtet. Es wurde sogar als „mehr eine Art historischer Roman als ein Geschichtswerk“[1] bezeichnet. Insbesondere in den früheren Abschnitten ist es in der Tat nicht zuverlässig, da Herodian nicht alle seine Quellen sorgfältig prüfte und offenbar auch manches Detail erfand, zumal er kaum Zugriff auf offizielle Akten gehabt haben wird. Aus heutiger Sicht gilt er als moralisierend – beispielsweise durch seine Bezugnahme auf den als Idealkaiser stilisierten Mark Aurel – und tendenziös; allerdings gilt das Werk auch als facettenreich und ist in literarischer Hinsicht nicht ohne Reiz. Der Wert des Berichts über Elagabal wird heute manchmal höher eingeschätzt als der von Cassius Dio. Meist wird allerdings mit Frank Kolb angenommen, Herodian sei für die Schilderung der Ereignisse bis 228/29 weitgehend von Cassius Dio abhängig, was in der neueren Forschung aber nicht unumstritten ist.

Auch ansonsten ist Herodian, gerade für die Zeit nach 229, eine nicht unwichtige Quelle; da Dios Werk nicht vollständig erhalten ist, gilt dies teils auch für die Jahre davor. Zugleich aber stellt Herodians Werk die althistorische Forschung vor diverse Probleme. Seine Angaben sollten deshalb stets mit großer Vorsicht behandelt werden, auch wenn in jüngerer Zeit die Meinung vertreten wird, Herodians Werk unterscheide sich im Grunde weniger als angenommen von dem anderer antiker Geschichtsschreiber und biete bei entsprechend zurückhaltender Benutzung wichtige Informationen.

Spätantike Historiker wie Ammianus Marcellinus und der unbekannte Verfasser der Historia Augusta haben Herodian als Quelle genutzt. Wann genau Herodians Werk entstand, ist dabei unklar, wahrscheinlich wurde es erst nach dem Tod Kaiser Gordians III. (244) verfasst, aber nicht wesentlich später. Ein Zusammenhang mit der 1000-Jahr-Feier Roms im Jahr 248 ist möglich, aber auch eine Entstehung um 260 wird diskutiert. Oft wird vermutet, dass Herodian die Herrschaft des Commodus, mit der seine Darstellung beginnt, noch selbst erlebt hatte. Mit dem Ende des von Herodian behandelten Zeitraums beginnt dann eine Phase der römischen Geschichte bis Ammianus Marcellinus, über die man nur durch späte und großteils noch weitaus unzuverlässigere Geschichtswerke Kenntnis hat, nicht aber durch zeitgenössische Berichte.

  1. Géza Alföldy: Zeitgeschichte und Krisenempfindung bei Herodian, S. 275. In: Geza Alföldy: Die Krise des Römischen Reiches. Ausgewählte Beiträge. Stuttgart 1989, S. 273–294.

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