Ignaz Semmelweis

Ignaz Philipp Semmelweis, 1860

Ignaz Philipp Semmelweis (ungarisch Ignác Fülöp Semmelweis bzw. Semmelweis Ignác Fülöp;[1] * 1. Juli 1818 im Teilbezirk Tabán von Buda (deutsch Ofen), Königreich Ungarn, Kaisertum Österreich; † 13. August 1865 in Oberdöbling bei Wien, Kaisertum Österreich) war ein ungarisch-österreichischer Chirurg und Geburtshelfer deutscher Abstammung. Er studierte an den Universitäten Pest und Wien Medizin und erhielt 1844 seinen Doktorgrad an der Universität Wien. Semmelweis war beeinflusst von der zweiten Wiener medizinischen Schule und Angehöriger der von János Balassa[2] geführten Pester bzw. ungarischen medizinischen Schule, der unter anderem auch Frigyes Korányi angehörte.

Semmelweis führte das häufigere Auftreten von Kindbettfieber in öffentlichen Kliniken im Vergleich zur privaten Entbindung auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurück und bemühte sich, Hygienevorschriften einzuführen. Später wurde er „Retter der Mütter“ genannt. Seine Studie von 1847/48 gilt heute als erster praktischer Fall von evidenzbasierter Medizin (auf empirische Belege gestützte Heilkunde) in Österreich und als Musterbeispiel für eine methodisch korrekte Überprüfung wissenschaftlicher Hypothesen.[3] Zu seinen Lebzeiten wurden seine Erkenntnisse, von ihm 1861 publiziert, nicht anerkannt und von Kollegen als „spekulativer Unfug“ abgelehnt. Nur wenige Ärzte unterstützten ihn, da Hygiene als Zeitverschwendung und unvereinbar mit den damals geltenden Theorien über Krankheitsursachen angesehen wurde. Semmelweis praktizierte zeitweise in Pest im heutigen Ungarn. Er starb im Alter von 47 Jahren in Wien unter nicht näher geklärten Umständen während eines zweiwöchigen Aufenthalts in der Psychiatrischen Klinik „Landesirrenanstalt Döbling“ bei Wien. Zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten deuten neben dem Exhumierungsbericht aus dem Jahr 1963 und Motiven für seine Beseitigung auf willkürliche Psychiatrisierung und ein darauf folgendes Tötungsdelikt hin.

  1. Semmelweis Ignác – Élete. In: semmelweis.museum.hu. Archiviert vom Original am 22. Juli 2011; abgerufen am 30. Juli 2021 (ungarisch).
  2. József Antall: Semmelweis und die ungarische medizinische Schule unter dem Aspekt diagnostischer Leistungen. In: Christa Habrich, Frank Marguth, Jörn Henning Wolf (Hrsg.) unter Mitarbeit von Renate Wittern: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. München 1978 (= Neue Münchner Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften: Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), ISBN 3-87239-046-5, S. 297–308, hier: S. 299–302.
  3. Dagfinn Føllesdal, Lars Walløe, Jon Elster: Rationale Argumentation: ein Grundkurs in Argumentations- und Wissenschaftstheorie. De Gruyter, Berlin / New York 1988, ISBN 3-11-008274-8, Abschnitt III. 11.

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