Jassir Arafat

Jassir Arafat (1996)

Jassir Arafat (* 24. August 1929 in Kairo, Ägypten;[1]11. November 2004 in Clamart, Département Hauts-de-Seine, Frankreich), arabisch ياسر عرفات, DMG Yāsir ʿArafāt, ursprünglich محمد عبد الرحمن عبد الرؤوف عرفات القدوة الحسيني / Muḥammad ʿAbd ar-Raḥmān ʿAbd ar-Raʾūf ʿArafāt al-Qudwa al-Ḥusainī, Kunya: أبو عمّار / Abū ʿAmmār, war ein palästinensischer Politiker und Friedensnobelpreisträger. Er war ab dem 4. Februar 1969 dritter Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) sowie vom 12. Februar 1996 bis zu seinem Tod am 11. November 2004 erster Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete. 1957 war er Mitbegründer und später Anführer der palästinensischen Fatah, die zahlreiche terroristische Anschläge und Bombenattentate auf israelische, jordanische und libanesische Ziele verübte.[2]

Laut dem Terrorismusforscher und Nahostexperten Barry Rubin galt Arafats Bemühen jahrzehntelang der Vernichtung Israels; als strategische Mittel zur Umsetzung dieses Ziels favorisierte er Gewalt gegen israelische Bürger und Zivileinrichtungen, die den Staat grundlegend destabilisieren, seine Bürger verunsichern und Israel letztendlich zur leichten Beute eines Angriffs arabischer Armeen machen sollte.[3] Auf die von Arafat unterstützte irakische Invasion Kuwaits folgte die in weiten Teilen erfolgreiche amerikanische Gegenoffensive sowie anschließend die Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait 1991.[4] Binnen weniger Tage mussten etwa 450.000 Palästinenser Kuwait verlassen. Dies und der Verlust wesentlicher Unterstützer in der arabischen Welt[4] brachte Arafat 1993 dazu, im Namen der PLO Friedensverhandlungen mit Israel aufzunehmen, die zur gegenseitigen Anerkennung führten. 1994 erhielt er dafür gemeinsam mit Shimon Peres und Jitzchak Rabin den Friedensnobelpreis.

Im Jahr 2000 verhandelte Arafat mit Israels Regierungschef Ehud Barak und dem Präsidenten der USA, Bill Clinton, erfolglos über die Gründung eines unabhängigen, palästinensischen Staates. Nach dem Scheitern von Camp David II unterstützte Arafat die Zweite Intifada, wodurch er in seinen letzten Lebensjahren vor allem außenpolitisch an Einfluss verlor. Erst nach dem Tod Arafats waren führende palästinensische Vertreter bereit, sich für Arafats Unterstützung Saddam Husseins und der Invasion in Kuwait zu entschuldigen.[5]

Die Beurteilungen seiner Person gehen weit auseinander, Spiegel, Focus und die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung bezeichnen ihn als Freiheitskämpfer,[6][7][8] die Tagesschau als Guerillakämpfer[9] und andere als Terrorist.[10][11]

  1. Barry Rubin, Judith Colp Rubin: Yasir Arafat : A Political Biography. 1. Auflage. Oxford University Press, Oxford (New York) 2003, ISBN 0-19-534618-1, S. 11 f. (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Claudia Baumgart-Ochse: Israels Auseinandersetzung mit terroristischer Gewalt: Geschichte, Strategien und Herausforderungen. HSFK-Report 10/2008. Hrsg.: Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung – HSFK. 1. Auflage. Frankfurt a. M. 2008, ISBN 978-3-937829-79-1, S. 3 f. (hsfk.de [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 30. Oktober 2023]).
  3. Barry Rubin: Israel: an introduction. Yale University Press, New Haven/London 2012, ISBN 978-0-300-16230-1, S. 204
  4. a b Arafat's Squalid End How he wasted his last 30 years. Slate Christopher Hitchens 17. November 2004
  5. Abbas apology to Kuwait over Iraq (Memento vom 19. Oktober 2018 im Internet Archive), BBC News, 12. Dez. 2004
  6. Florian Harms: Zum Tode Arafats - Der Terrorist mit dem Nobelpreis, auf spiegel.de vom 11. November 2004
  7. Pinhas Inbari: NAHOST: Duell der Antipoden. In: Focus Online. 17. März 2003, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  8. Archivierte Kopie. (Memento vom 8. Juli 2007 im Internet Archive)
  9. Porträt – Jassir Arafat (Memento vom 13. Mai 2010 im Internet Archive)
  10. Harvey W. Kushner: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks/London/Neu-Delhi 2003, S. 42 u.ö.
  11. Yassir Arafat – Vom Terroristen zum Freiheitskämpfer: Fakten und Fragen zur Person und Politik Yassir Arafats, 1. Juli 2004

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