John Hunter (Mediziner)

Der Chirurg und Anatom John Hunter. Gemälde John Jacksons nach Joshua Reynolds aus dem Jahr 1813.

John Hunter (* 13. oder 14. Februar[1] 1728 in Long Calderwood bei East Kilbride in Lanarkshire, Schottland; † 16. Oktober 1793 in London) war ein britischer Wundarzt, Militärarzt, Zahnheilkundler, Anatom, Naturforscher und (unpromovierter) Chirurg, der die pathologische Anatomie in England einbürgerte und als Begründer der experimentellen wissenschaftlichen Chirurgie gilt. Zudem galt sein Interesse der Physiologie und vergleichenden Pathologie.

Aus einfachen Verhältnissen kommend und auf dem Land in Schottland aufgewachsen, trat Hunter 1748 zunächst eine Assistentenstelle bei seinem als Anatom und Chirurg tätigen älteren Bruder William Hunter (1718–1783) an. Unter dem Einfluss seines Lehrers William Cheselden entwickelte Hunter eine kritische Einstellung zur traditionellen medizinischen Praxis und gelangte zur Überzeugung, dass neue Einsichten stets durch systematische Beobachtung und Experimente untermauert werden sollten. Seinem Lehrer Percivall Pott folgend, versuchte Hunter zudem, operative Eingriffe wann immer möglich zu vermeiden, und vertraute stattdessen auf die Selbstheilungskräfte des Körpers.

Nach Ausheilung einer Lungenentzündung diente Hunter von 1760 bis 1763 während des Siebenjährigen Krieges als Militärarzt und Kriegschirurg in Frankreich, Jamaica und Portugal. Die in dieser Zeit entstandenen medizinischen Erkenntnisse dienten später als Grundlage für seine epochemachende Schrift A Treatise on the Blood, Inflammation and Gun-shot Wounds über Blut, Entzündungen und Schusswunden. Nach seiner Rückkehr nach England arbeitete Hunter zunächst als Zahnarzt und versuchte sich in der Transplantation von Zähnen. In diese Zeit fällt die Abfassung eines zweiteiligen Werks zur Zahnheilkunde, das sich als erstes seiner Art auf wissenschaftliche Weise mit dem Thema auseinandersetzte (The Natural History of the Human Teeth, 1771, sowie A Practical Treatise on the Diseases of the Teeth, 1778).

Im Jahr 1768 erhielt Hunter eine Anstellung als Chirurg im Londoner St. George’s Hospital, die er bis zum Ende seines Lebens innehatte. Ab 1769 wurde er auf Empfehlung seines Bruders dirigierender Wundarzt. Sowohl in St. George’s als auch in privaten Vorlesungen unterrichtete er ab 1773, zum Teil kostenlos,[2] rund 1000 Schüler, die nach seinem Tod für das Weiterleben seiner Ideen sorgten und von denen einige – wie der Erfinder der modernen Pockenimpfung Edward Jenner – selber bedeutende Beiträge zur Wissenschaft leisteten. Mit Jenner und William Heberden führte Hunter auch Sektionen[3] durch.

In seinem 1786 veröffentlichten dritten Werk Treatise on the Veneral Disease stellte Hunter die erst 1838 widerlegte Theorie auf, dass es sich bei Gonorrhoe und Syphilis um ein und dieselbe Geschlechtskrankheit handele. Hunter glaubte, er habe seine Theorie in einem Selbstversuch bewiesen, bei dem er sich den Erreger durch einen Schnitt in seinen Penis selbst injizierte. Allerdings war der Patient, dem er den Eiter für die Injektion entnahm, an beiden Krankheiten erkrankt.

Als einer der besten Präparatoren seiner Zeit baute Hunter über die Jahre eine aus mehr als 13.600 Objekten bestehende Sammlung von menschlichen und tierischen, teils prähistorischen,[4] vor allem pathologischen Präparaten auf. Diese Sammlung ist heute unter dem Titel Hunterian Collection im Royal College of Surgeons of England in London für die Öffentlichkeit zugänglich. Weite Teile von Hunters umfangreichem handschriftlichem Nachlass wurden von seinem Schwager Everard Home für eigene Zwecke genutzt und anschließend verbrannt.

  1. Das Gemeinderegister von East Kilbride gibt den 13. Februar 1728 als Geburtsdatum an; Hunter selbst feierte seinen Geburtstag am 14. Februar. Das Royal College of Surgeons of England nimmt letzteres Datum als Geburtstag an, während die Hunterian Society Hunters Geburtstag am 13. Februar feiert. George Qvist: John Hunter 1728–1793. London 1981, S. 1, dort auch ein Abdruck des Auszugs aus dem Gemeinderegister, ebd. S. 3.
  2. Georg Fischer: Chirurgie vor 100 Jahren. Historische Studie. Verlag von F. C. W. Vogel, Leipzig 1876; Neudruck mit dem Untertitel Historische Studie über das 18. Jahrhundert aus dem Jahre 1876 und mit einem Vorwort von Rolf Winau: Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1978, ISBN 3-540-08751-6, S. 84 und 287.
  3. Hans H. Lauer: Geschichtliches zur Koronarsklerose. BYK Gulden, Konstanz 1971 (Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der Universität Heidelberg), S. 20.
  4. Vgl. etwa Heinrich Buess, Huldrych M. Koelbing: Kurze Geschichte der ankylosierenden Spondylitis und Spondylose. J. R. Geigy, Basel 1964 (= Acta rheumatologica. Nr. 22), S. 14 und 38–47.

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