Karl Renner

Karl Renner (* 14. Dezember 1870 in Untertannowitz, Mähren;[1]31. Dezember 1950 in Wien) war ein österreichischer sozialdemokratischer Politiker (SDAP/SPÖ), Staatsmann und Jurist. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie war er von 1918 bis 1920 als Staatskanzler (Staatsregierung Renner I, Renner II und Renner III) maßgeblich am Entstehen der Ersten Republik Österreich beteiligt. Er leitete die österreichische Delegation bei den Verhandlungen in Saint-Germain. Von 1920 bis 1934 war Renner Abgeordneter zum Nationalrat.

Karl Renner (um 1920)

1931 wurde er Präsident des Nationalrates; sein Rücktritt und der seiner beiden Stellvertreter am 4. März 1933 wurde von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß als Selbstausschaltung des Parlaments begrüßt und als Vorwand für die Etablierung der Ständestaatsdiktatur genützt, die von ihren Gegnern als Austrofaschismus bezeichnet wurde.

1938 war er der bedeutendste sozialdemokratische Befürworter des „Anschlusses“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich[2] und unterstützte im gleichen Jahr auch die Annexion des Sudetenlandes durch NS-Deutschland (vgl. Münchner Abkommen).[3]

Als Österreich als unabhängiger Staat nach dem Zweiten Weltkrieg wiedererrichtet wurde, war er als Staatskanzler der provisorischen Regierung im Alter von 74 Jahren neuerlich einer der Hauptakteure. Von Dezember 1945 bis zu seinem Tod 1950 amtierte er als erster Bundespräsident der Zweiten Republik.

Renner war Anhänger der parlamentarischen Demokratie im Sinne Lassalles und zählte als solcher in seiner Partei zum rechten, pragmatischen Flügel. Dabei hatte Renner immer darauf beharrt, als Marxist zu gelten, wenn auch als ein Marxist eigener Observanz.[4] Renner gilt als fruchtbarer Publizist, dessen Spezialgebiet die Rechtssoziologie war.

  1. Pfarre Untertannowitz, Taufbuch 1862-1888, S. 174. 3. Zeile, abgerufen am 9. Juli 2024.
  2. Walter Goldinger, Dieter A. Binder: Geschichte der Republik Österreich 1918–1938. Verlag für Geschichte und Politik, Wien/ München 1992, ISBN 3-7028-0315-7, S. 79 ff. und 298.
  3. Joachim Riedl: Karl Renner: Ein Marxist eigener Observanz. In: Die Zeit. 22. Februar 2016, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 27. März 2018]).
  4. Jacques Hannak: Karl Renner und seine Zeit. Versuch einer Biographie. Europa Verlag, Wien 1965, S. 398.

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