Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts

Die Kirchenreform des 11. Jahrhunderts kann im Grunde als das Ergebnis eines Anfang des 11. Jahrhunderts beginnenden Prozesses verstanden werden, bei dem innerhalb der Westkirche vermehrt über die Stellung von Laien und Klerikern zueinander sowie über die Stellung des Papstes in der christlichen Kirche gestritten wurde.[1]

Die Kirchenreform schloss im Grunde direkt an die Cluniazensische Klosterreform an, mit der sie sich teilweise auch in ihren Belangen überlagerte.[2] Insgesamt ging sie nur sehr schleppend vonstatten und hatte zudem viele, teils erhebliche Rückschläge gegenüber ihren Gegnern, besonders gegenüber dem Kaisertum, zu verkraften.[3] Sie verlor daher im Laufe der Zeit immer mehr ihren Rückhalt im Volk, der zumindest zu Beginn der Reform ganz erheblich gewesen war.[4] Der Frust des Volkes mündete letztendlich in dem Erstarken und Entstehen häretischer Gruppen in ganz Europa ab dem Ende des 11. Jahrhunderts. Zu nennen sind hier insbesondere die Albigenser, aber es entstanden auch zahlreiche kleine häretische Bewegungen, die sich häufig um eine charismatische Führungspersönlichkeit sammelten, wie die Häresie von Antwerpen, die Häresie des Mönchs Heinrich aus der Provence oder die Häresie des Petrus von Bruys.[5]

Gemäß Le Goff war das primäre Ziel der Reform gewissermaßen, „die kirchliche Ordnung zu einer unabhängigen Ordnung zu machen, […] den weltlichen Herren die Ernennung der Bischöfe, Äbte und Pfarrer zu entreißen und die Laieninvestitur auf die Gewährung der weltlichen Dinge zu beschränken“.[6] Um dies zu erreichen, sollten einige schwere Missstände innerhalb der Kirche, wie die Verweltlichung des Klerus, der Ämterkauf und der Nikolaitismus, beseitigt sowie die Stellung des Papstes gestärkt werden.

Da Papst Gregor VII. († 1085) zum herausragenden Vertreter dieser Reformbewegung wurde, werden diese Reformbemühungen gelegentlich auch als Gregorianische Reformen bezeichnet. Manche Historiker halten Reform des 11. Jahrhunderts für eine bessere Bezeichnung, da die historischen Zeugnisse eine namensgebende Rolle von Papst Gregor VII. ihrer Ansicht nach nicht stützen.[7] Andere Historiker, darunter insbesondere Charles Dereine, sehen auch den Begriff Kirchenreform kritisch und weisen darauf hin, dass man eher von einer „Restauration“ der Kirche[8] sprechen muss, deren Ziel es war, die Kirche nach den Verheerungen der zahllosen Fremdvölker im 10. Jahrhundert wiederherzustellen.[9]

  1. Vgl. Jean-Marie Mayeur: Die Geschichte des Christentums. 4. Bischöfe, Mönche und Kaiser. Freiburg 1994, S. 870 f.
  2. Vgl. Jan Dhont: Weltbild Weltgeschichte. Das frühe Mittelalter. Augsburg 2000, S. 235 f.
  3. Vgl. Jacques Le Goff: Weltbild Weltgeschichte. Das Hochmittelalter. Augsburg 2000, S. 91–94.
  4. Vgl. Dhont, 2000, S. 245.
  5. Vgl. Le Goff, 2000, S. 182 f.
  6. Le Goff, 2000, S. 89.
  7. Vgl. F. Donald Loagan: Geschichte der Kirche im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, S. 118.
  8. Vgl. Dhont, 2000, S. 239.
  9. Vgl. Dhont, 2000, S. 240.

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