In der Zeit Ludwigs XIV. (1638–1715) erlangte nach dem Dreißigjährigen Krieg ab etwa 1660 Frankreich die Vorherrschaft in Europa. Es wurde zum Vorbild auf allen möglichen Gebieten, in Wissenschaft, Architektur, Gartenbaukunst, Inneneinrichtung, Französisch wurde für Jahrhunderte die Sprache der kultivierten, gebildeten Schichten und der Aristokratie. Auch hinsichtlich Sitten und Mode war der Hof in Versailles für fast alle Länder tonangebend.
In puncto Kleidung und Frisuren hatte Frankreich bereits in den Jahrzehnten zuvor, während des Dreißigjährigen Krieges, einen eigenen Stil entwickelt und auch schon einen gewissen Einfluss ausgeübt. Doch wurde diese Vorherrschaft von Ludwig XIV. ganz bewusst und gezielt gefördert, nicht zuletzt aus merkantilen Interessen. Beispielsweise wurde die Produktion von Seide angeregt – die Stadt Lyon wurde für Jahrhunderte ein berühmtes Zentrum –, und ebenso die Produktion von Spitzen, auf die bis dahin vor allem Venedig spezialisiert war.
Darüber hinaus wurden Journale gedruckt, in denen man Abbildungen der neuesten Moden aus Versailles sehen konnte – wie z. B. der Recueil des modes de la cour de France –, und man kannte auch bereits Modepuppen, die als Anschauungsmaterial dienten und nach dem ‚letzten Schrei‘ gekleidet regelmäßig an europäische Höfe und in die europäischen Hauptstädte versandt wurden.[1]
Da Ludwig XIV. schon mit fünf Jahren auf den Thron kam und es sich um eine ziemlich lange Regentschaft handelte, blieb die Mode zwischen etwa 1650 und 1715 nicht völlig einheitlich, sondern es lassen sich wechselnde Moden für beide Geschlechter feststellen. Die Epoche lässt sich grob in eine frühe Phase bis etwa 1670, eine Übergangszeit von etwa 1670 bis 1680, und eine späte Phase von etwa 1680 oder 1685 bis 1715 untergliedern.