La folle journée ou Le mariage de Figaro(Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit) ist eine Komödie in fünf Akten von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1732–1799). Sie bildet den zweiten Teil seiner Figaro-Trilogie[17] und diente als Vorlage zur OperLe nozze di Figaro von Mozart und Da Ponte. Das Stück entstand vor der Französischen Revolution, als die Gesellschaftsordnung des Ancien Régime am Wanken war. Es illustriert den Konflikt zwischen dem Adel, der sich kraft seiner ererbten Privilegien über die bürgerlicheMoral hinwegsetzte, und seinen unter dem Einfluss der Aufklärung selbstbewusster gewordenen Untergebenen. Der dem Dritten Stand (Bürgertum) entstammende Autor versetzte damit dem Zweiten Stand einen ähnlichen Schlag wie ein Jahrhundert zuvor Molière mit seinem Tartuffe dem Ersten Stand (Klerus). Le mariage de Figaro war laut Anton Bettelheim „ein Zeichen des sinkenden Ansehens des Königtums, eine (…) unerhörte Verhöhnung des Adels, der Zensur, des Stellenkaufes, einer unzuverlässigen, überlebten Justiz, eine Anklage aller despotischen Einschränkungen der persönlichen und Gedankenfreiheit“.[18]
In seiner seit 1780 in der verpachteten Festung Kehl aufgebauten Druckerei druckte Beaumarchais 1785 für Paris und für Deutschland die beiden Ausgaben der Le mariage de Figaro.[19]
↑Die Rosine (rosina = Röschen) des Barbier de Séville, wo sie ihren ungeliebten Vormund Bartholo heiraten soll und vom Grafen mit Hilfe Figaros entführt wird. Adliger Herkunft. Liebenswürdig und tugendhaft, wenn auch nicht unempfindlich für die Gefühle, die ihr Chérubin entgegenbringt.
↑Familienname: de Verte-Allure ≈ von resoluter Natur. Frühere Bedienstete von Bartholo. Geistreich, etwas lebhaft. Hat Figaro einst gegen einen Kredit ein Eheversprechen abgenommen. Erweist sich aber schließlich als seine Mutter.
↑Halb ergraut, zu Beginn angetrunken, in Bauernkleidung.
↑Fanchette = Diminutiv von Françoise. Zwölfjährig, sehr naiv.
↑Chérubin = Cherub (hebräisch כרוב), Amor, Engel. Charmanter dreizehnjähriger Schlingel, angehender Libertin. Schwärmt für seine Patin, die Gräfin, der gegenüber er sehr scheu ist. Kann laut Beaumarchais nur von einer jungen, sehr hübschen Frau gespielt werden.
↑In der Tradition von Pantalone in der Commedia dell’arte, dick. Im Barbier de Séville Vormund von Rosine (der jetzigen Gräfin), die er gegen deren Willen heiraten will. Erweist sich als Vater von Figaro.
↑Anklang an Basilisk = König der Schlangen. Organist geistlichen Standes, im Barbier de Séville Gesangslehrer von Rosine, hier der Kammerzofen (unterrichtet Suzanne täglich), Mandolinenlehrer der Pagen und Gitarrist. Käuflich, spielt für den Grafen den Kuppler.
↑Karikatur des Richters Goëzman (eigentlich Götzmann), den Beaumarchais während seines Prozesses gegen den Grafen de La Blache mit Erfolg auf Rückgabe von Schmiergeld verklagt hatte. Oison bridé = Gänschen, dem man eine Feder durch die Nase gezogen hat, damit es nicht durch die Hecke schlüpft. Brid’oison = dumme Gans. Gravitätisch, stottert kaum spürbar. Trägt Amtstracht, mit großer Perücke und langem Stab.
↑Double main = doppelte Hand. Heißt wohl so, weil er bei beiden Parteien die hohle Hand macht. Wie der Richter gekleidet, aber mit kürzerem Stab.
↑Anton Bettelheim: Beaumarchais, Eine Biographie, 2., neubearbeitete Auflage, C. H. Beck, München 1911, S. 395.
↑Rekonstruktion der Druckerei und ihres Wirkens in der Festung Kehl: Cornelius Steckner: Straßburg und Kehl | Goethe und Beaumarchais. Kehl 1771–2021. 250 Jahre Baden (Kehl I), Köln 2021 ISBN 978-3-9818922-6-0.