Unter der Liturgie von 1962 (lateinisch Liturgia Piana, „Pianische Liturgie“) versteht man die Gestaltung der katholischen Messe und des Stundengebets unmittelbar vor deren Reform durch Papst Paul VI. Sie steht für den tridentinischen Ritus in der Fassung der liturgischen Bücher der römisch-katholischen Kirche, die im Jahr 1962 in Geltung waren und die Reformen Papst Pius XII. inkorporieren:
Diese Bücher spiegeln den liturgiegeschichtlichen Zustand während des Pontifikats von Papst Johannes XXIII., also einerseits nach der Liturgiereform durch Papst Pius XII. und andererseits vor der Neufassung der Messordnung von 1965 sowie der allgemeinen Liturgiereform unter den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. wider. Die „Liturgie von 1962“ ist somit identisch mit jener Gottesdienstordnung, deren liturgische Bücher nach dem Wunsch des Zweiten Vatikanischen Konzils revidiert werden sollten (Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 25). Dabei sollte die gesunde Überlieferung beibehalten und dennoch der Weg für einen berechtigten Fortschritt erschlossen werden; Neuerungen sollten nur eingeführt werden, wenn ein wahrer und sicherer Nutzen für die Kirche dies erfordert (nisi vera et certa utilitas ecclesiae id exigat). Nach den Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils sollten die neuen Formen aus den schon bestehenden gewissermaßen organisch herauswachsen (Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 23). Darüber hinaus wurde betont, dass der Gebrauch der lateinischen Sprache in den lateinischen Riten erhalten bleiben soll, jedoch in der Liturgie der Verwendung der Muttersprache ein weiterer Raum zugebilligt werden soll (Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 36).
Der Missale- und der Brevier-Druck von 1962 waren Übergangsausgaben und ausdrücklich als solche gekennzeichnet: Das ihnen vorangestellte Motu proprio Rubricarum instructum Johannes’ XXIII. von 1960 führt einerseits die Neugestaltung beider Bücher auf das Wirken Pius’ XII. zurück und kündigt andererseits die bevorstehende umfassende liturgische Erneuerung durch das Zweite Vatikanum an.
Nach dem Vorbild der Monumenta Liturgica Concilii Tridentini erscheinen seit 2007 unter dem Obertitel Monumenta Liturgica Piana wissenschaftliche Ausgaben der unter Papst Pius XII. erneuerten liturgischen Bücher.