Medienrhetorik

Die Medienrhetorik ist ein Teilbereich der wissenschaftlichen Disziplin der Sprechwissenschaft. In einer weiter gefassten Definition lässt sie sich als ein Sektor der Rhetorischen Kommunikation beschreiben. Gegenstand der Medienrhetorik ist die Analyse, Kritik und Didaktisierung von Prozessen und Produktionsformen der mündlichen, technisch vermittelten Kommunikation in den modernen Massenmedien (v. a. Film, Radio und Fernsehen). Die Kommunikation innerhalb dieser medialen Ausdrucksformen ist als rhetorisch zu bezeichnen, da sie intentional auf eine bestimmte Wirkung ausgerichtet ist und auf einer rhetorischen techné, d. h. vorgefertigten Mustern, fußt.[1]

Daneben ist die Medienrhetorik von folgenden Rahmenbedingungen definiert. Eine Antagonie von Nähe und Distanz ist dadurch gegeben, dass die Moderatoren im Radio durch ihre Sprechweise sowie im Fernsehen zusätzlich durch die Kameraführung und Geräuscheinwirkung unmittelbar präsent wirken, obwohl das Publikum nicht in der Redesituation anwesend ist und auch nur selten (durch bspw. Anrufe im Studio) mit den Akteuren in Kontakt treten kann. Gesprochen wird im Moderationskontext in Radio und Fernsehen meist nur auf der Basis einer schriftlich vorgefertigten Textvorlage, hierbei spricht man von einer neuen Form der Mündlichkeit, der sogenannten sekundären Oralität. Zusätzlich durchläuft die Erstellung eines medienvermittelten Textes in einer Mehrautorenschaft verschiedene Produktionsstadien in mehreren Redaktionsabteilungen. Durch die technische Vermittlung entsteht ein anonymes, heterogenes und disperses Publikum. Neben der sekundären Oralität wird auch eine sekundäre Intimität erzeugt, es entsteht eine Spannung zwischen der unbegrenzten Öffentlichkeit des Medienangebots und der Suggestion des Privaten durch die scheinbar kontaktoffene, persönliche Kommunikation der Medienvertreter. Radio und Fernsehen fungieren zunehmend als Nebenbei-Medien, die Aufmerksamkeit der Rezipienten richtet sich nicht ausschließlich auf das Geschehen in den Medien, sondern sie sind mit anderen Tätigkeiten beschäftigt.

Ein Ziel der Medienrhetorik ist die Analyse der Interaktion von Kommunikatoren (z. B. Redakteure, Moderatoren), Kommunikationspartnern (z. B. Pressesprecher, Politiker) und Rezipienten (z. B. Radiohörer, Fernsehzuschauer). Kritische Medienrhetorik zielt darüber hinaus darauf, informationspolitische Absichten und ideologische Implikationen der Berichterstattungen aufzudecken und die diese Prozesse und Produkte in übergreifende Zusammenhänge der öffentlichen Kommunikation einzuordnen.

Als Unterricht in der Aus- und Weiterbildung kann die Medienrhetorik in unterschiedlichen Zielgruppen vermittelt werden. Für die Medienvertreter (z. B. Redakteure, Interviewer, Sprecher) dient sie der Vermittlung von Regeln und Potenzialen für die Gestaltung und Optimierung von medientypischen Gattungen, um einen verständlichen, attraktiven Sprach- und Sprechstil zu entwickeln. Für deren professionelle Kommunikationspartner wird eine Bewältigung von Interviews, Presseerklärungen, Debatten und Statements angestrebt, um das Nachfragen, Korrigieren, Recherchieren sowie Abgrenzen eigener und fremder Rede zu erlernen. Medienrhetorische Ausbildungsziele im Studium sind der Erwerb von analytischer und didaktischer Kompetenz sowie das Aneignen einer Eigenkompetenz im Verfassen und Präsentieren medienbezogener Inhalte.[2]

  1. Norbert Gutenberg: Einführung in Sprechwissenschaft und Sprecherziehung. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 978-3-631-37200-5, S. 135 ff.
  2. Ines Bose, Ursula Hirschfeld, Baldur Neuber, Eberhard Stock: Einführung in die Sprechwissenschaft. Phonetik, Rhetorik, Sprechkunst. 2. Auflage. Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2016, ISBN 978-3-8233-6992-9, S. 155–157.

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