Die Morita-Therapie ist eine traditionelle japanische, heute noch im alternativmedizinischen Sektor genutzte Therapie zur Behandlung von sozialen Phobien, die ab 1919[1] von Shoma Morita (1874–1938) entwickelt wurde, einem Psychiater und Fachbereichsleiter an der privaten Jikei-Universitätsschule für Medizin in Tokio. In mehreren Phasen, beginnend mit strenger Bettruhe und Meditation bis hin zu körperlicher Arbeit, soll der Kranke lernen, seine Ängste zu akzeptieren und damit umzugehen, um schließlich trotz der Symptome zu funktionieren.[2][3]
Moritas Erfahrungen im Zen-Buddhismus haben seine Lehren beeinflusst,[4] dennoch ist seine Therapieform nicht religiös.
Morita beschäftigte sich mit Shinkeishitsu, einer japanischen Diagnose angstbasierter Störungen, die am besten mit Neurasthenie (Nervenschwäche) übersetzt werden kann.[5] Die Methoden der Morita-Therapie umfassen empathische Reduktion (fumon), Erfahrungslernen (taitoku), Verhaltensimpulse, und fortschreitende Befähigung.
Empathische Reduktion hat zum Ziel, die Aufmerksamkeit des Patienten von seinen diffusen, subjektiven Beschwerden abzuziehen und stattdessen auf konkrete Fakten, Bedürfnisse und Handlungen zu richten. Die Therapeuten ignorieren die Symptome nicht, aber sie antworten nur allgemein bestätigend, ohne auf sie einzugehen. Der Patient soll nicht auf Besserung warten, sondern am Leben teilnehmen, ohne auf die Symptome zu achten. Beim Erfahrungslernen soll der Patient alltägliche Aufgaben von zunehmender Schwierigkeit meistern und daraus Selbstbewusstsein gewinnen, z. B. das Nähkästchen aufräumen. Die Therapeuten sollen dazu klare Anweisungen geben und auf Disziplin und Perfektion achten. Mit zunehmendem Schweregrad soll die Verbesserung Schwung aufnehmen. Deshalb soll der Therapeut praktische Fortschritte unterstützen und hervorheben, nicht kognitive Selbstreflexionen. Positives Denken kann möglicherweise nützen, aber es ist nur Denken und spielt insgesamt keine besondere Rolle. Motivation entsteht vielmehr durch praktische Erfolge. Aus diesen Erfahrungen heraus können die Kranken schließlich auch gefürchtete Situationen meistern, sich realistische Ziele setzen und sie erreichen.
Morita schlug einen vier Punkte umfassenden Therapieplan vor:
„Der Versuch, das Selbst mit Willenskraft und Manipulation zu kontrollieren, gleicht dem Versuch, einen bereits gefallenen Würfel zu beeinflussen oder das Wasser des Kamo-Flusses wieder stromaufwärts zu schieben.“
Verschiedene Autoren haben Parallelen der Morita-Therapie zu westlichen Methoden wie der kognitiven Verhaltenstherapie und der rational-emotiven Verhaltenstherapie beschrieben.[7]
Dies ist die einzige traditionelle japanische Psychotherapie, die international Bedeutung erlangt hat und bis heute in der wissenschaftlichen Psychiatrie diskutiert wird. Allerdings haben sich die veröffentlichten Behandlungsergebnisse von 1919 bis 1998 kontinuierlich verschlechtert, möglicherweise durch zunehmende Abkehr der Japaner von ihrem traditionellen Weltbild.[8] Die Anzahl der Kliniken, die eine stationäre Morita-Therapie anbieten, sinkt; an ihre Stelle treten ambulante Gesprächstherapien nach Morita-Ansätzen.[9]
Das Einsatzgebiet sind vorwiegend neurotische Störungen. Ein Cochrane-Report, der 2008 die Wirksamkeit gegen Schizophrenie überprüfte, fand mögliche Erfolge, deren Nachhaltigkeit aber unklar bleibt.[10]