Die mystische Hochzeit ist ein Motiv der jüdisch-christlichen Literatur, Theologie und Kunst. Die religiöse Vorstellung einer Vereinigung von Gott und Mensch (unio mystica) wird unter dem Bild der Verlobung und Vermählung gedacht und dargestellt.[1] Im Gegensatz zur Hochzeit zweier Götter (Hierogamie) handelt es sich bei der weiblichen Seite der mystischen Hochzeit um eine irdische Braut.
In der frühen christlichen und in der rabbinischen Literatur entwickelte sich aus Kommentaren zum Hohenlied das Bild der Vermählung Zions, der Kirche, der einzelnen Seele oder einer gottgeweihten Jungfrau mit Gott bzw. dem Messias.
Die Brautsymbolik der Propheten des Alten Testaments ergänzte diese Hochzeitsmystik. In der Kabbala ist die Rede davon, dass eine weibliche Manifestation Gottes, die Schechina, unter die Menschen ausgeht und es zu einer Vereinigungssehnsucht der Menschen mit Gott kommt. Im Neuen Testament ist von Jesus Christus als dem Bräutigam die Rede. Es entstand auf diese Weise im Mittelalter eine Theologie und Frömmigkeit, in der eine Vermählung der allegorischen Braut mit Gott angestrebt wurde.
Bereits in frühchristlicher Zeit war es üblich, Jungfrauen zu weihen, die Christus mystisch anverlobt und für den Dienst der Kirche bestimmt wurden.[2][3] Es bildete sich im Laufe der Zeit der Ritus der Jungfrauenweihe heraus, der sich in der lateinischen Kirche und den Ostkirchen erhalten hat. Ikonographisch vielfältig zeigen sich künstlerische Darstellungen, die die mystische Anverlobung heiliger Jungfrauen mit Christus nachempfunden haben. In Musik und Literatur wird die Brautmystik bis heute immer wieder weiter entfaltet.