NSU 2.0

Mit der Unterschrift „NSU 2.0“ versandten deutsche Rechtsextremisten seit August 2018 bisher rund 170 Morddrohungen per Fax, E-Mail, SMS oder mit Kontaktformularen an bestimmte Empfänger. Das Kürzel spielt auf die rechtsterroristische Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und deren rassistische NSU-Morde an. Die Absender bedrohten rund 70 verschiedene Adressaten und 60 Institutionen in Deutschland und Österreich. Zuerst bedrohten sie die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, dann weitere öffentlich gegen Rassismus, Antisemitismus, für Flüchtlinge und Migranten engagierte Menschen, meist Frauen, oft Frauen mit Migrationsbiografie.

Viele der Schreiben enthielten persönliche, zum Teil bei Behörden gesperrte Empfängerdaten. In drei Fällen hatten Beamte der Polizei Hessen vorher Empfängerdaten abgefragt, dreimal auch bei der Polizei Berlin und zweimal der Polizei Hamburg. Die Ermittler fanden mindestens 180 Verdachtsfälle rechtsradikaler Polizisten in Hessen und weitere in anderen Bundesländern. Tausende illegale Datenabfragen bei deutschen Polizeibehörden wurden bekannt. Daher wurden Polizisten als Urheber oder Beihelfer einiger Drohschreiben vermutet.

Von Oktober 2018 bis April 2019 versandte André M. Drohmails und Bombendrohungen an deutsche Behörden, Medien, Politiker und die Schlagersängerin Helene Fischer. Er signierte meist mit „NationalSozialistischeOffensive“ („NSO“). Nach M.s Festnahme setzten unbekannte Unterstützer die Drohungen mit Signaturen wie „NSU 2.0“, „Elysium“, „Staatsstreichorchester“ oder „Wehrmacht“ fort. M. wurde im Dezember 2020 wegen Nötigung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Der in Berlin ansässige Italiener Emil A. versandte mit der Signatur „Staatsstreichorchester“ mindestens 17 Bombendrohungen und Geldforderungen an den britischen National Health Service (NHS). Er wurde im Februar 2021 wegen räuberischer Erpressung zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Berliner Alexander Horst M. wurde im November 2022 wegen 81 Drohschreiben von „NSU 2.0“ zu fünf Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Weitere Drohmails mit diesem Kürzel werden „Trittbrettfahrern“ zugeordnet.


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