Neutrinooszillation

Neutrinooszillation ist die beobachtete periodische Umwandlung von Neutrinos eines Lepton-Flavours in einen anderen und zurück. Dadurch kann ein Neutrino, das z. B. als Elektron-Neutrino erzeugt wurde, auch als Myon- oder Tau-Neutrino erscheinen und daher, je nach Detektortyp, der Detektion entgehen.

Die Neutrinooszillation wird erklärt als Interferenzeffekt zwischen verschiedenen Neutrino-Komponenten, die sich mit unterschiedlichen Phasengeschwindigkeiten ausbreiten. Die Wahrscheinlichkeiten, diesen oder jenen Neutrino-Typ anzutreffen, variieren dabei sinusförmig mit dem zurückgelegten Weg des Neutrinos; Perioden und Amplituden der Variationen hängen von der Neutrinoenergie und vom Ausbreitungsmedium ab (siehe auch MSW-Effekt).

Die Neutrinooszillation wurde 1957 von Bruno Pontecorvo als theoretische Möglichkeit untersucht – falls Neutrinos nicht, wie damals angenommen, masselos wären. Ein erster experimenteller Hinweis auf Neutrinooszillation war das Defizit an niederenergetischen solaren Neutrinos, das ab Ende der 1960er Jahre mit dem Homestake-Experiment beobachtet wurde. Bestätigt wurde das mit dem Kamiokande-II-Experiment ab 1987, einem Tscherenkow-Detektor, der auch die Herkunftsrichtung auflösen konnte. In der Folge wurden zahlreiche weitere Neutrinoexperimente durchgeführt, mit höherenergetischen Neutrinos von der Sonne, aus kosmischer Strahlung in der Erdatmosphäre, von Kernreaktoren und von Beschleunigern, um zwischen drei alternativen Parameterbereichen des Modells und zahlreichen alternativen Modellen, teilweise mit weiterhin masselosen Neutrinos, zu unterscheiden. Erst mit Antineutrinos im seit 2002 laufenden KamLAND-Experiment konnte gezeigt werden, dass das ursprüngliche Modell das richtige ist. Der mögliche Parameterbereich von Massen und Mischungswinkeln im Vakuum konnte eingegrenzt werden.

Die beobachteten Massenobergrenzen sind klein genug, dass das Standardmodell der Elementarteilchenphysik für praktische Reaktionsratenvorhersage gültig bleibt. Allerdings ist die mathematische Beschreibung der Neutrinomassen im Standardmodell ein theoretisches Problem, weil mehr Teilchen oder Wechselwirkungen benötigt werden als im ursprünglichen Modell. Aus der beobachteten Neutrinooszillation ergibt sich die Nichterhaltung der Leptonenfamilienzahl.


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