Pogrom in Sumgait

Proteste in Jerewan nach den gewaltsamen Konflikten
Gedenkplatte in Stepanakert für die Opfer der Massaker in Sumgait

Das Pogrom in Sumgait war ein Massaker, das am 27. Februar 1988 in der aserbaidschanischen Stadt Sumgait (Sumqayıt) an Armeniern verübt wurde. Es leitete den Beginn ethnisch und nationalistisch motivierter Gewaltausbrüche auf dem Gebiet der Sowjetunion ein und war ein erster Höhepunkt in dem damals aufflammenden Konflikt um Bergkarabach.

Nach Augenzeugenberichten attackierten aserbaidschanische Männer die armenische Minderheit der Stadt. Neben Morden kam es dabei nach Augenzeugenberichten auch zu Vergewaltigungen und Verstümmelungen. Im Zuge des Pogroms soll es auch zu einem Massaker in einer Entbindungsstation gekommen sein.[1][2][3]

Augenzeugen sowie der russische Berichterstatter Andrej Pralnikow berichten, dass die Miliz und die Stadtbehörden trotz Hilferufen nicht eingriffen und diese Straflosigkeit die aserbaidschanischen Übergriffe auf die armenische Bevölkerung weiter anheizte. Dies geschah zudem durch aufputschende Reden von aserbaidschanischen Parteichefs, darunter Kjamram Bagirow und Muslim Sardeh, der Stadt-Parteichef von Sumgait.[4] Fremde Rollkommandos wurden für die Durchführung des Pogroms mit Bussen herantransportiert und haben dabei Listen von Hausverwaltungen erhalten, aus denen Namen sowie Adressen armenischer Familien hervorgingen. Die Licht- und Stromleitungen von vielen Armeniern wurden zuvor abgetrennt.[4]

„Vieles läßt darauf schließen, daß die Pogrome organisiert waren. Eine Sekretärin sagte aus, sie sei vor Ausbruch der Gewalttätigkeiten beauftragt worden, Listen von Armeniern zusammenzustellen.[1]

Über die Opferzahlen gehen die Angaben auseinander. Die offizielle Nachrichtenagentur ITAR-TASS meldete 31 Tote. Einigen anschließenden Augenzeugenberichten zufolge wurden 33 Zivilisten und acht Soldaten getötet sowie weitere 150 Menschen schwer verletzt. Andere Augenzeugenberichte schätzten die Opferzahlen unter den Armeniern noch weit höher ein.[5] Die Gesellschaft für bedrohte Völker veröffentlichte am 14. Juli 1988 eine Liste mit 52 armenischen Opfern mitsamt Adressen und Tatumständen, von denen 47 ermordet worden waren. Vier wurden als im Sterben, eins als im Krankenhaus liegend angegeben. Gegenüber Mitarbeitern der Gesellschaft war behauptet worden, es gebe noch umfangreichere Listen und in Sumgait seien während des Pogroms mehr als 500 Todesurkunden ausgestellt worden.[6]

  1. a b Wir werden euch ausrotten. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1992, S. 138–148 (online23. März 1992).
  2. Dissident Tells Of Azerbaijan Atrocities, Bericht des Korrespondenten des Philadelphia Inquirer, philly.com, 12. März 1988
  3. Eerie Silence Hangs Over Soviet City. In: Washington Post, 4. September 1988
  4. a b Die schrecklichen Tage von Sumgait, Die Zeit, 18. März 1988
  5. Ein Volk, ein Land. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1988, S. 162–164 (online28. März 1988).
  6. Pressemitteilung der Gesellschaft für bedrohte Völker zur ersten Liste der Toten von Sumgait, zu den unkorrekten sowjetischen Angaben und zur anhaltenden Pogrom-Stimmung gegen Armenier in Aserbaidschan 14. Juni 1988 veröffentlicht in Armenisches Berg-Karabach/Arzach im Überlebenskampf, Herausgeber Manfred Richter, Edition Hentrich Berlin 1993, ISBN 3-89468-072-5, Seite 157 ff.

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