Sexueller Kannibalismus, auch Sexualkannibalismus genannt, ist eine evolutionär bedingte Fortpflanzungsstrategie im Tierreich, bei der ein Sexualpartner während oder nach der Paarung vom anderen gefressen wird.[1][2]
Im Normalfall profitiert der Nachwuchs gleich mehrfach von der elterlichen Investition durch den Sexualkannibalismus. Einer oder mehrere der folgenden Vorteile kommen der Folgegeneration zugute: eine höhere Anzahl von Nachkommen, eine höhere Vitalität der Nachkommen, eine bessere Überlebensrate sowie langlebigere und/oder fruchtbarere Nachkommen. Aufgrund dieser vielfältigen Vorzüge wird sexueller Kannibalismus sogar von einigen Arten angewendet, die sich normalerweise vegetarisch ernähren.[2][3]
Sexualkannibalismus geht oft mit einem Größenunterschied beider Partner im Sinne von Sexualdimorphismus einher und tritt insbesondere bei Gliederfüßern wie Spinnentieren und Insekten (z. B. diverse Käfer und Schmetterlinge) auf.[4]
Der Begriff wird mittlerweile auch für die sexuell motivierte Anthropophagie unter Menschen verwendet. Anders als im Tierreich handelt es sich hierbei immer um strafbares, in der Regel krankhaftes Verhalten, welches mit der Tötung des Opfers oder dem Verzehr eines bereits toten Opfers zum Zweck der sexuellen Befriedigung, oftmals in Tateinheit mit Nekrophilie, auftritt. Eine wissenschaftliche Erforschung von sexuell motivierter Nekrophagie als psychologischer Besonderheit im Kontext der Sexualwissenschaft wurde erst nach der Jahrtausendwende begonnen. Im deutschsprachigen Raum wird insbesondere der Fall Armin Meiwes mit sexuellem Kannibalismus bzw. sexuell motivierter Nekrophagie assoziiert.[5] Dagegen ist Vorarephilie abzugrenzen, eine bei Menschen festgestellte Paraphilie, die auf der Vorstellung kannibalistischer Handlungen zum Zweck der sexuellen Erregung beruht, wobei diese allerdings nicht in die Tat umgesetzt werden.