Urbar (Verzeichnis)

Urbar Meinhards II. von Tirol, 1288 (mittelhochdeutsch)
Eingangsseite des Tennenbacher Güterbuchs, 1317–1341 (lateinisch)
Urbar-Rödel, Chorfrauenstift Säckingen, entstanden um 1310 (mittelhochdeutsch)
Mittelhochdeutscher Urbar-Codex, Dominikanerinnenkloster St. Katharina, Freiburg, begonnen 1309, fol. 1v/2r, Initium
Titelblatt des Urbars und Rechtsbuchs der Marienpfarrkirche Bozen von 1453–1460 (frühneuhochdeutsch)[1]
Urbar aus Rijeka, Kroatien, 1575 (lateinisch)

Ein Urbar oder latinisiert Urbarium ist ein Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und (als Abgabenregister bzw. Steuerliste) zu erbringende Leistungen ihrer Grunduntertanen (Grundholden). Es ist eine bedeutende Wirtschafts- und Rechtsquelle des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lehnswesens. Auch für Gültbücher und Lagerbücher sowie Zinsregister wird der Ausdruck verwendet. Je nach Region und Schriftträger sind für diese Verzeichnisse im deutschsprachigen Raum auch die Bezeichnungen Salbuch, Saalbuch, Berain, Zinsverzeichnis, Heberegister, Erdbuch, Güterbuch und (Zins-)Rödel oder Rodel geläufig.

Der Begriff Urbar wird vom althochdeutschen „ur-beran“ bzw. dem mittelhochdeutschen „erbern“ für „hervorbringen“, „ertragbringendes Grundstück“ oder „einen Ertrag bringen“ abgeleitet.[2] Er lässt sich erst ab dem 13. Jahrhundert nachweisen[3] und bezeichnet zu ökonomischen, administrativen oder rechtlichen Zwecken angelegte Aufzeichnungen von Liegenschaften, Abgaben und Diensten einer Grundherrschaft (z. B. eines Klosters) oder einer Villikation. Urbariale Schriftträger sind, bei mitunter komplexen genealogischen Bezügen zwischen Konzept- und Ausführungs- bzw. Reinschrift, entweder zu Rödeln (lat. rotulus) zusammengenähte Pergamentstreifen oder, aus diesen übertragen, lagengebundene Codices.[4]

Um ein Urbar zu erstellen, suchten im Frühmittelalter Beauftragte des jeweiligen Grundherrn die ihnen bekannten Orte auf, in denen Ansprüche bestanden. Sie vereidigten Männer guten Rufs und befragten sie nach den lokalen Gewohnheiten und den Verpflichtungen der ortsansässigen Familia. Die mündlich und in der Volkssprache gegebenen Auskünfte wurden zunächst fast ausschließlich in lateinische Sprache übertragen und schriftlich dokumentiert. Meist wurde Hube für Hube (niederdeutsch Hufe) mit den sie bewohnenden Leuten und deren Pflichten aufgeführt. Die Genauigkeit der Aufnahmen differierte dabei so stark, dass anzunehmen ist, dass viele Pflichten über lokale Gewohnheiten geregelt waren und deshalb nicht eigens aufgeführt werden mussten.

  1. Hannes Obermair: „Hye ein vermerkt Unser lieben frawn werch ...“: Das Urbar und Rechtsbuch der Marienpfarrkirche Bozen von 1453/60. (= bz.history 2). Stadtarchiv Bozen, Bozen 2005.
  2. Urbar, f., n., m. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 24: U–Uzvogel – (XI, 3. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1936, Sp. 2374–2376 (woerterbuchnetz.de).
  3. Matthias Bader: Urbare. In: Historisches Lexikon Bayerns. 19. November 2014, abgerufen am 25. November 2017.
  4. Alfons Schäfer: Die ältesten Zinsrödel im Badischen Generallandesarchiv (Karlsruhe). Rödel als Vorläufer und Vorstufen der Urbare. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO). 112 (1964), S. 297–372.

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