Waldere

Der so genannte Waldere ist die fragmentarische Überlieferung einer angelsächsischen Dichtung über den germanischen Helden Walther. Die 63 Zeilen des Waldere sind die einzige Spur der Walther-Sage in der altenglischen Literatur.[1] Die Geschichte spielt, genauso wie die anderen, in der altenglischen Überlieferung erhaltenen germanischen Heldendichtungen (Beowulf, Deor, Widsith, Battle of Finnsburg), nicht in England, sondern schöpft aus einem Stoffrepertoire der Völkerwanderungszeit, das jahrhundertelang durch mündliche Überlieferung weitergegeben wurde.[2] Aufgrund seiner fragmentarischen Überlieferung lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, wie alt der Waldere ist, wie viele Zeilen er tatsächlich umfasste und woher das Werk ursprünglich stammte.[3] So reichen die Angaben und Theorien zur Entstehung des Waldere denn auch vom 8. Jahrhundert bis weit ins 10. Jahrhundert. Die zwei Blätter der Waldere-Fragmente wurden erst am 12. Januar 1860 in der Königlichen Bibliothek von Kopenhagen von dem Professor und Bibliothekar Erich Christian Werlauff entdeckt.[4] Wie die Handschriften nach Dänemark gelangten, wird wohl nicht mehr mit Sicherheit geklärt werden können. Sie könnten jedoch unerkannt Teil der Handschriften gewesen sein, die der isländische Forscher Grímur Jónsson Thorkelin 1786 im Auftrag des dänischen Königs in England gekauft hatte.

  1. S.A. Bradley, Anglo-Saxon Poetry. An anthology of Old English poems in prose translation with introduction and headnotes (London: Dent, 1982), 510.
  2. Wolfgang Obst und Florian Schleburg. Lehrbuch des Altenglischen (Heidelberg: Winter, 2004), 165.
  3. Gerhard Eis, Kleine Schriften zur althochdeutschen weltlichen Dichtung. (Amsterdam: Editions Rodopi N.V. 1979) 34f.
  4. Arne Zettersten, Waldere, (Manchester: Manchester University Press, 1979), 6.

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