Waorani

Waorani posieren in traditioneller Aufmachung im Einbaum für Touristen. Bis auf die wenigen isolierten Gruppen im Regenwald tragen die Waorani heute westliche Kleidung, wohnen in Holzhäusern, nutzen Außenbordmotoren und Taschenlampen, gehen zumeist mit dem Gewehr auf die Jagd und fischen mit Dynamit.[1]
Lagekarte des Waorani-Territoriums und des von ihnen genutzten Yasuní-Nationalparks in Ecuador

Die Waorani oder Huaorani (Eigenname, gesprochen Wao-Rani, auch Wao / Huao, bedeutet Volk oder Mensch) sind eine indigene Ethnie, die in den Regenwäldern des westlichen Amazonasbeckens zwischen den Flüssen Río Napo und Río Curaray im Osten Ecuadors lebt. Man nimmt an, dass sie die ursprünglichen Bewohner des dortigen Yasuní-Regenwaldes sind. Sie sprechen eine weitgehend isolierte Sprache. Mindestens zwei Gruppen haben sich freiwillig jeglichem Kontakt mit der Zivilisation entzogen: Sie werden Tagaeri und Taromenane genannt.

Die Waorani vermieden sehr lange jeglichen Kontakt nach außen und begegneten Eindringlingen feindselig, weshalb sie weder von den Inkas, den spanischen Konquistadoren noch bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts von den Ecuadorianern unterworfen wurden. Deswegen wurden sie – und alle anderen freien Indianerstämme östlich der Anden – von den quechua- bzw. kichwasprachigen Ethnien mit der abwertenden Gruppenbezeichnung Awqa, auf Kichwa Awka (hispanisiert Auca) belegt, das u. a. Feind, Fremder, Wilder, Barbar, Verräter, Krieger, Heide bedeutet. In jüngerer Zeit wurde die Bezeichnung nur noch für die Waorani verwendet. Die Waorani werten die Bezeichnung Auca als Beleidigung.[2]

Noch heute leben die meisten von ihnen vorwiegend von Jagd und Sammelwirtschaft sowie ergänzendem Feld- und Gartenbau. Bis in die 1960er Jahre durchstreiften sie halbnomadisch die Regenwälder. Heute ist der größte Teil der über 3.000 Waorani (2012)[3], die auf 18 lokale Dörfer verteilt leben (2010), sesshaft. 80 % aller Waorani siedeln freiwillig im ehemaligen Missionsprotektorat, das nicht einmal 10 % ihres gesamten verfügbaren Lebensraumes ausmacht.[4]

Der Übergang zur Sesshaftigkeit und die Annahme etlicher Kulturelemente der Tiefland-Kichwa – die seit etwa 1960 die Grenzregionen des Waoranilandes besiedelt haben[5] – begann mit den massiven Missionierungsversuchen des evangelikalen Summer Institute of Linguistics (SIL) seit 1955. Weltweite Aufmerksamkeit erregten die Waorani durch ihre extrem kriegerische Kultur, insbesondere durch die Ermordung der ersten fünf SIL-Missionare im Jahr 1956. Etliche tödliche Angriffe auf Siedler und vor allem auf Mitarbeiter der Erdölgesellschaften fanden bis ins beginnende 21. Jahrhundert hinein statt. Neben den Missionaren hatte die seit den 1960er Jahren einsetzende Erdölförderung im gesamten Waoraniland die größten Auswirkungen auf die Lebensweise und den Lebensraum des Volkes.[6]

  1. Feser 2000, S. 81
  2. Feser 2000, S. 34, 395, 444
  3. Gondecki 2015, S. 152
  4. Richard Barry Lee, Richard Heywood Daly (Hrsg.): The Cambridge encyclopedia of hunters and gatherers. 4. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2010, ISBN 978-0-521-60919-7. S. 101–104.
  5. Feser 2000, S. 44, 48
  6. Feser 2000, S. 260–265

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