Wasser des Todes

Die „Wasser des Todes“ (altbabylonisch marratu, der bittere Fluss) sind ein besonderer Bereich innerhalb des die Erde ringförmig umfließenden salzhaltigen Gewässers, das von manchen der mesopotamischen Kulturen Tiamat genannt wurde. Beispielsweise werden im babylonischen Schöpfungsepos Enūma eliš der persische Golf, Teile des indischen Ozeans und des Mittelmeeres als „salzige Wasser“ bezeichnet und diese wiederum von einem die Erde umgebenden „kosmischen Süßwasserozean“ – dem Apsu – unterschieden. Die Erde selbst dachte man sich als ein in diesem Wasserkosmos schwimmendes, an der Oberseite mit einer Luftblase (Atmosphäre) ausgestattetes Gebilde (Weltenberg). Aus der anhand solcher Vorstellungen entwickelten „mesopotamischen Weltkarte“ wird ersichtlich, dass der hypothetische Rand dieser Erde östlich von Babylonien über den Iran und die nördlichen Gebirge der Türkei verlief.[1] Auch die im Gilgamesch-Epos enthaltenen Angaben zu den Libanon- und Zagrosgebirgen, in denen die Ein- und Ausgänge eines unterirdischen Tunnels gemutmaßt wurden, den ,die Sonne' während der Nacht durchlief, weisen darauf hin, dass in diese mythische Glaubenswelt durchaus Kenntnisse über reale geographische Begebenheiten miteinflossen. So galten Dilmun, Meluḫḫa und Magan als dem äußersten Rand der Erde angehörend. Insbesondere Dilmun jedoch lag sowohl im irdischen Salzwassermeer – zusätzlich umgeben vom Wasser des Todes –, als auch in direkter Nähe zum kosmischen Süßwasser-Ozean. Nach glücklicher Überwindung ersterer Gewässer auf Dilmun angelangt, taucht Gilgameš in diesen Apsu hinab, um aus seiner Tiefe das Kraut des ewigen Lebens hinaufzuholen, das ihm später wieder verloren ging: Eine ihrerseits dem Apsu entstammende Schlange fraß es auf...

  1. Wayne Horowitz: Mesopotamian Cosmic Geography. S. 194 und 325–326.

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