Wehrkraftzersetzung

Wehrkraftzersetzung durch Anleitung zur Simulation von Krankheiten, hier eine Tarnschrift von 1943, die ein Heft von Reclams Universal-Bibliothek imitiert.

Zersetzung der Wehrkraft (oder Wehrkraftzersetzung) war die Bezeichnung für einen grundsätzlich[1][2] mit Todesstrafe bedrohten Straftatbestand im nationalsozialistischen Deutschland, der 1938 in der Kriegssonderstrafrechtsverordnung (KSSVO) neu gefasst[3] und am 26. August 1939 kurz vor Kriegsbeginn (1. September 1939) im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wurde. Zu den aufgeführten Tatbeständen gehörten Kriegsdienstverweigerung, defätistische Äußerungen und Selbstverstümmelung.

Der Tatbestand der Wehrkraftzersetzung war von den Protagonisten der NS-Militärjustiz bereits frühzeitig, vermutlich seit 1934, als Ergänzung des Wehrrechts gefordert und in der Folgezeit immer wieder in verschiedenen Ausformungen angeregt worden.[4] Es galt Situationen wie in der Novemberrevolution 1918 mit strafrechtlichen Mitteln und unter exzessiver Anwendung der Todesstrafe zu verhindern, um derart „revolutionäre Erscheinungen“ und „seelische Zersetzung(en)“ zu unterdrücken.

Die weitgefassten Formulierungen im Gesetz, eine extensive Auslegung des Begriffs der „Öffentlichkeit“ und die Ausrichtung am „gesunden Volksempfinden“ ermöglichten zahlreiche Urteile mit drakonischen Strafen, die für viele Deutsche zum „Inbegriff des Terrors“ wurden.[5]

  1. So bei Manfred Messerschmidt: Die Wehrmachtjustiz 1933–1945. Paderborn [u. a.] 2005, S. 72.
  2. § 5 Abs. 2 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung: „In minder schweren Fällen kann auf Zuchthaus oder Gefängnis erkannt werden.“
  3. Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. 2. Auflage, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019549-1, S. 684.
  4. Peter Kalmbach: Eine „Hauptwaffe gegen Defaitismus“ - Der Tatbestand der „Wehrkraftzersetzung“ als Instrument der NS-Justiz. In: Neue Zeitschrift für Wehrrecht, Bd. 54, 2012, S. 25, 27 f.
  5. Michael Bryant, Albrecht Kirschner: Politik und Militärjustiz. In: Ulrich Baumann, Magnus Koch: „Was damals Recht war …“ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht. Berlin-Brandenburg 2008, ISBN 978-3-89809-079-7, S. 85.

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