Wildes Denken

Spiritualität, der Bezug zur direkten Umwelt und die Einbeziehung aller Dinge in das „Große Ganze“ sind wesentliche Kennzeichen des wilden Denkens

Der Begriff wildes Denken (französisch pensée sauvage) wurde von dem Ethnologen Claude Lévi-Strauss geprägt. Er benannte damit die Denkweisen der naturnah lebenden Kulturen, die auf traditionell ganzheitlichen und mythisch erklärten Weltanschauungen beruhen. Alle Wesen, Dinge und Phänomene werden dabei durch einen allumfassenden, magischen Zusammenhang miteinander verbunden, der nicht auf abstrahierenden und rationalen Überlegungen beruht. Dieses Denken sei vielmehr die phantasievolle Kombination von „Bruchstücken“ der sinnlichen Wahrnehmung und vergangener Ereignisse, die mit Hilfe der Einbildungskraft zu konkreten Bildern und Geschichten verarbeitet werden. Lévi-Strauss bezeichnete dieses improvisierende Vorgehen als Bricolage („Bastelei“).

Dennoch kam er nach weitreichenden kulturvergleichenden Forschungen zu der Überzeugung, dass kein wesentlicher oder qualitativer Unterschied in der logischen Struktur von modernem und (vermeintlich) primitivem Denken bestehe. Beide Denkweisen seien nur Varianten ein und desselben Prinzips, die Welt nach einem universellen Verfahren zu ordnen.

Der Begriff „wildes Denken“ wird auch in der modernen Kunst aufgegriffen, wo es als die Freiheit verstanden wird, spontan Zusammenhänge zwischen Beobachtung und Bedeutungszuweisung zu konstruieren.[1]

  1. Beate Kutschke: Wildes Denken in der neuen Musik. Die Idee vom Ende der Geschichte bei Theodor W. Adorno und Wolfgang Rihm. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2243-2, S. 7.

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