Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
I67.6 | Nichteitrige Thrombose des intrakraniellen Venensystems |
G08 | Intrakranielle und intraspinale Phlebitis und Thrombophlebitis, inklusive septische Embolie, septische Endophlebitis, septische Phlebitis, septische Thrombophlebitis, septische Thrombose der intrakraniellen oder intraspinalen venösen Sinus und Venen |
O22.5 | Hirnvenenthrombose in der Schwangerschaft, Zerebrovenöse Sinusthrombose in der Schwangerschaft |
O87.3 | Hirnvenenthrombose im Wochenbett, Zerebrovenöse Sinusthrombose im Wochenbett |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Zerebrale Venen- und Sinusthrombosen (auch: Zerebrale Sinus- und Venenthrombose, zerebrale Sinus-/Venenthrombose, Sinusvenenthrombose, englisch cerebral venous and sinus thrombosis, cerebral venous sinus thrombosis (CVST), cerebral venous thrombosis) sind eine seltene Form des Schlaganfalls, bei der sich Blutgerinnsel (Thrombosen) in den blutableitenden Gefäßen des Gehirns bilden, den Hirnvenen und Sinus. Die Gerinnsel behindern den Blutabfluss aus dem Gehirn, wodurch es anschwillt (Hirnödem) und sich Einblutungen bilden können. Das erste und häufigste Symptom der Schwellung sind starke, für die Betroffenen neuartige Kopfschmerzen. Je nachdem, welche Hirnregionen betroffen sind, kommt es zu Störungen der Hirnfunktion, die einem Schlaganfall durch den Verschluss von blutzuführenden Hirnarterien sehr ähnlich sind. Zu den Symptomen zählen z. B. Halbseitenlähmung, Lähmung von Hirnnerven, Gesichtsfeldausfälle, Krampfanfälle, Sprechstörungen, Störungen des Bewusstseins oder des Denkens.
Anhand von Symptomen oder Blutuntersuchungen kann die Diagnose nicht gestellt werden. In allen Verdachtsfällen ist eine CT- oder MRT-Untersuchung des Gehirns mit der Darstellung seiner Blutgefäße (Angiografie) zur sicheren Diagnosestellung und zur Abgrenzung von anderen Erkrankungen (z. B. ischämischer Schlaganfall, Hirnblutung, Hirntumor, Hirnabszess) erforderlich.
Die Ursachen und Risikofaktoren für das Auftreten von zerebralen Sinus-/Venenthrombosen sind vielfältig. Eine grobe Einteilung unterscheidet
In einigen Fällen kann kein Risikofaktor ermittelt werden.
Im Rahmen der Impfkampagne gegen COVID-19 wurde 2021 über zerebrale Sinus- und Venenthrombose als sehr seltene Folge von Impfungen mit den vektorbasierten SARS-CoV-2-Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson berichtet. Ursache ist die Bildung von Antikörpern, welche die Blutplättchen aktivieren (s. Hauptartikel VITT).
Die Heilungsaussichten sind besser als bei ischämischen Schlaganfällen. Etwa 80 % der Patienten überstehen die Erkrankung ohne bleibende Behinderungen oder neurologische Ausfallsymptome. Nur wenige Patienten versterben in der Akutphase, zumeist an einer Einklemmung des Gehirns durch eine starke Hirndruckerhöhung oder einen Status epilepticus. Daher werden Erkrankte intensivmedizinisch überwacht, z. B. auf einer Schlaganfall-Station bzw. Stroke-Unit. Die Therapie besteht in einer Hemmung der Blutgerinnung (üblicherweise mit Marcumar), damit das körpereigene Gerinnungssystem die Blutgerinnsel abbauen kann. Sie wird im Regelfall für drei bis zwölf Monate fortgeführt. Eventuell ist ein neurochirurgischer Eingriff nötig, z. B. eine Dekompressions-Operation (zeitweise Eröffnung der Schädeldecke zur Senkung des Hirndrucks).