Lobotomie

Der Begründer der Lobotomie, der portugiesische Neurologe und Nobelpreisträger António Egas Moniz

Die Lobotomie (von altgriechisch λοβός lobós, deutsch ‚Lappen‘ und τομή tomé, deutsch ‚Schneiden, Schnitt‘) ist eine neurochirurgische Operation, bei der die Nervenbahnen zwischen Thalamus und Frontallappen sowie Teile der grauen Substanz durchtrennt werden (Denervierung). Die Bezeichnung wird oft synonym mit Leukotomie (λευκός leukós, deutsch ‚weiß‘) verwendet.

Sie wurde ursprünglich zur Schmerzausschaltung und bei extrem schweren Fällen psychischer Erkrankungen angewendet, etwa bei Psychosen und Depressionen mit starker Unruhe. Als Folge der Lobotomie tritt eine Persönlichkeitsänderung mit Störung des Antriebs und der Emotionalität auf.

Ab den frühen 1940er Jahren und bis in die 1950er Jahre hinein nahm die Anwendung des Verfahrens dramatisch zu; bis 1951 wurden in den Vereinigten Staaten fast 20.000 Lobotomien durchgeführt und im Vereinigten Königreich proportional mehr.[1] Ab den 1950er Jahren wurde die Lobotomie allmählich aufgegeben,[2] zunächst in der Sowjetunion,[3] dann in Europa.[4]

Der Begründer des Verfahrens, der portugiesische Neurologe António Egas Moniz, erhielt 1949 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für die „Entdeckung des therapeutischen Wertes der Leukotomie bei bestimmten Psychosen“.[5]

Die Lobotomie gehörte zu einer Reihe von radikalen und invasiven Therapien, die zu dieser Zeit in Europa entwickelt wurden, und gilt heute als Beispiel für die medizinische Barbarei und Missachtung von Patientenrechten zu dieser Zeit.[6]

  1. The strange and curious history of lobotomy. In: BBC News. 8. November 2011 (bbc.com [abgerufen am 15. Juni 2023]).
  2. James W. Kalat: Biological psychology. 11th ed Auflage. Thomson/Wadsworth, Belmont (Calif.) 2013, ISBN 978-0-495-09079-3.
  3. Benjamin Zajicek: Banning the Soviet Lobotomy: Psychiatry, Ethics, and Professional Politics during Late Stalinism. In: Bulletin of the History of Medicine. Band 91, Nr. 1, 2017, ISSN 1086-3176, S. 33–61, doi:10.1353/bhm.2017.0002 (jhu.edu [abgerufen am 15. Juni 2023]).
  4. A brief reflection on the not-so-brief history of the lobotomy. In: British Columbia Medical Journal. 7. Februar 2019, archiviert vom Original am 7. Februar 2019; abgerufen am 15. Juni 2023.
  5. John Sutherland: Should they de-Nobel Moniz? In: The Guardian. 2. August 2004, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 15. Juni 2023]).
  6. M. Raz: Psychosurgery, Industry and Personal Responsibility, 1940-1965. In: Social History of Medicine. Band 23, Nr. 1, 1. April 2010, ISSN 0951-631X, S. 116–133, doi:10.1093/shm/hkp061 (oup.com [abgerufen am 15. Juni 2023]).

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